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Ehrenpreis für gute Gestaltung

Im Frühjahr rief mich Juli Gudehus an und erzählte mir von ihrer Idee für einen Ehrenpreis für Gestaltung. Diese Idee kam nicht von ungefähr, denn Juli wurde vor einigen Jahren durch ihre Kritik am Designpreis der Bundesrepublik Deutschland bekannt, in dem sie sich über die Bedingungen in einem offenen Brief beschwerte.

Schon damals hatte sie den Wunsch, einen eigenen fairen Designpreis ins Leben zu rufen, denn die Kritik war natürlich auch eine Kritik an anderen Designpreisen, die durch hohe Teilnahmegebühren automatisch nur einer bestimmten Zielgruppe zugänglich sind. Durch die Arbeit an ihrem Lesikon rückte der Preis zunächst etwas ins Abseits. Nach einigen langen Monaten und der Zusammenstellung eines inzwischen sehr großen Teams, ist es nun so weit, der »Ehrenpreis für gute Gestaltung« geht offiziell an den Start.

Weil der Pressetext so schön geschrieben ist, übernehme ich ihn teilweise wörtlich:

»Der Ehrenpreis ist eine neue, mediale, große Glocke, an die jeder hängen darf, was er gestalterisch für gut gelungen hält. Vorbild für den Ehrenpreis ist das Bundesverdienstkreuz – eine für die damit Ausgezeichneten unverhoffte und kostenlose Ehrung.

Gute Gestaltung fällt nicht unbedingt auf. Gezielte, berechtigte und ausführliche öffentliche Würdigung darf es hierfür gern sehr viel mehr geben. Wir freuen uns darum auf wortreiche leuchtende Beispiele vor allem von begeisterten Nutzern, zufriedenen Auftraggebern, dankbaren Konsumenten, frohen Bewohnern, stolzen Lehrenden, glücklichen Besitzern, faszinierten Beobachtern und entzückten Besuchern.

Wir Bürger können uns gegenseitig kostenlos und mit überzeugender schriftlicher Begründung dafür vorschlagen. Dieser Staatspreis will nichts weiter, als öffentlich und mit kräftigem Applaus Menschen zu ehren, die Gutes schaffen.

Das wollen wir auch. Und zwar im Bereich der Gestaltung. Warum? Weil Gestaltung unser heutiges Leben bestimmt – weit über den ästhetischen Aspekt hinaus: funktional und atmosphärisch, digital und analog, jederzeit. Und das in allen Bereichen: von Kommunikation, Identität und Unterhaltung über Produkt, Kleidung und Zier bis Raum, Gebäude und Gelände. Unsere sieben Preiskategorien verdeutlichen, dass wir vor allem jene Gestalter würdigen wollen, die forschen und experimentieren und ­die unsere Welt verschönern und verbessern.

Wir, das sind die Mitwirkenden des Ehrenpreises, einer 2012 von Juli Gudehus gegründeten Non-Profit-Organisation mit Sitz in Berlin. Wir hoffen: je mehr einzelne Menschen gelungene Gestaltung sehen, desto mehr davon werden alle Menschen ernten.

Jeder, der gute Gestaltung zu schätzen weiß, kann bis Ende Januar 2013 auf unserer Seite Arbeiten vorschlagen, diskutieren und für den Publikumspreis empfehlen. 28 Gutachter nominieren jeder ein bis zwei Arbeiten, sieben Juroren verleihen einmal jährlich im Frühling den Ehrenpreis für Gestaltung. Gutachter, Juroren und Datum der Verleihung geben wir noch bekannt.

Sämtliche Arbeiten, Texte und Beteiligte sind und bleiben auf unserem Portal sicht- und findbar. Über die Jahre wird hier eine ständig verfügbare Schau­sammlung wachsen, eine Informations- und Inspirationsquelle ohne Gleichen. Darauf freuen wir uns schon.«

Preiskategorien – sieben auf einen Streich

Die Jury verleiht den Ehrenpreis ohne Abstufungen und unabhängig von der gestalterischen Disziplin. Unabhängig von der Entscheidung der Jury erhält die Arbeit mit den meisten Stimmen den Publikumspreis.

»Durch die Blume«
Arbeiten, die sich mit einem unliebsamen oder und delikaten Thema befassen

In vielen Bereichen unseres Lebens regieren Gedankenlosigkeit und Lieblosigkeit.

Zum Beispiel Tod. Was in diesem Bereich an Gestaltung zu finden ist, ist in Deutschland überwiegend zwischen Kitsch und Historismus angesiedelt und jenseits von gut. Dabei bedarf besonders jemand, der einen geliebten Menschen verloren hat, der Stärkung und des Trostes. Vielleicht haben Sie auch schon einmal angesichts gängiger Drucksachen und Särge innigst gewünscht, es möchte sich wenigstens ein einziger guter, zeitgenössischer Gestalter einmal mit der Materie beschäftigen? 

Und dieses Thema ist nur eines von vielen unliebsamen oder und delikaten Themen. Wir freuen uns auch über gelungene Arbeiten zu Steuererklärung, Behinderung, Warten, Fäkalien, Obdachlosigkeit oder Alter.

»Nächstenliebe«
Arbeiten, die Respekt fördern oder und Hilfsbereitschaft erleichtern

Lieben wir unseren Nächsten? Sind wir respektvoll gegenüber Menschen, Tieren, Pflanzen – überhaupt gegenüber unserer ganzen Umwelt? Und was bringt uns dazu, mitfühlend zu sein und zu helfen? Vielleicht sind es solche klugen Arbeiten, wie wir sie in dieser Kategorie erhoffen: Gestaltung, die uns hilft zu begreifen, wie es jemand anders in seiner Situation geht. Die uns davon überzeugt, andere und anderes gelten zu lassen. Und die in uns den Impuls auslöst, mit anzupacken oder uns sogar langfristig zu engagieren. Gestaltung, die es uns spielerisch nahe legt und leicht macht, ein guter Mensch zu sein.

»Begleiterscheinung«
Arbeiten, die berühren oder und nachdenklich machen

Alles um uns herum ist gestaltet: Gebäude, Verkehrsmittel, Kleidung, Produkte und Geräte. Täglich überfluten uns Botschaften aller Art: Anweisungen, Hinweise, Verbote und Verlockungen.

Manches davon ist so gestaltet, dass es uns erstaunlich lang im Sinn bleibt. Weil es so hintergründig ist oder im Gegenteil so schonungslos direkt. Manches davon schafft, etwas in uns in Schwingung zu versetzen – vielleicht nur zart, vielleicht aber auch mit einem Paukenschlag. Auf genau solche Arbeiten freuen wir uns in dieser Kategorie.

Haben Sie etwas gesehen, was Ihnen unerwartet zu Herzen ging? Hat etwas spontan Ihre Sehnsucht geweckt? Haben Sie etwas benutzt, das Sie nachhaltig irritierte oder einen Ort besucht, an dem Sie sich überraschend wohl fühlten?

»Ah und oh«
Erfindungen und verblüffende, experimentelle oder und raffinierte Arbeiten

Es ist ja auch so bequem: das Gewohnte ist da und gut. Warum weiter darüber nachdenken? Läuft doch alles.
Doch dann kommt wirklich jemand und entlockt uns ein »Huch?« oder »Wow!«. 
Dieser jemand hat sich aus purer Lust – vielleicht auch aus Naivität oder Sturheit – mit etwas befasst und ist zu einem Ergebnis gekommen wie niemand zuvor. Das Alte sieht auf einmal ganz schön alt aus. Wir wollen dieses aufregende Neue, das unsere Sinne belebt! Wir wollen dieses intelligente Dings, das ein Problem löst, von dem wir gar nicht wussten, das wir es hatten!

Sie wissen aber nicht, ob »Ihre« Arbeit die erste ihrer Art ist oder war? Schlagen Sie sie trotzdem vor. Manchmal liegen etwas in der Luft und in kurzer Zeit erscheinen unabhängig voneinander ganz ähnliche Arbeiten.

»Weniger ist mehr«
Arbeiten, die Nerven, Zeit, Kraft, Ressourcen oder und Energie sparen helfen

Ach wie herrlich! Endlich kein umständliches Gefummel mehr, kein Fingerklemmen, keine Schlepperei, keine nervtötende Warterei, keine Verwirrung. Stattdessen geht alles leicht:

Formulare, die man sofort kapiert. Deren Ausfüllen vielleicht beinahe Spaß macht. Clevere Verpackungslösungen. Schmuck mit Schutzfunktion oder schmückender Schutz. Fantastische App-Helferleins. Ausstellungsgestaltung, die Vorhandenes integriert. Einfach alles, was uns Unnötiges und Unerfreuliches erspart, ist in dieser Kategorie gern gesehen. 

»Sonnenschein«
Stimmungsaufhellende oder und erheiternde Arbeiten

Nein, der schnelle Gag interessiert uns in dieser Kategorie nicht. Uns geht es hier um das, was Ihnen auch beim soundsovielten Betrachten oder Benutzen immer noch ein Lächeln oder schallendes Lachen entlockt. Wie schafft es das? Erzählen Sie es uns!

Besonders interessant sind Bereiche, die normalerweise überhaupt nicht lustig oder richtiggehend deprimierend sind. Wer schafft es mit seiner Gestaltung, die Stimmung derjenigen aufzuhellen, die damit oft oder dauerhaft in Berührung kommen? Beispielsweise mit Behörden, Autobahnen, Psychiatrie, Industrieanlagen, Polizei? Es darf auch gerne etwas sein, was für Sie zu Hause oder am Arbeitsplatz die reine Wonne bedeutet. Etwas, das Ihre Laune katapultartig hebt, wenn Sie es ansehen, benutzen, anziehen, betreten. 

»Kleine Ewigkeit«
Arbeiten, die wirken, als habe es sie schon immer gegeben

Das kennen Sie bestimmt: etwas, das vom ersten Tag an unglaublich vertraut war, sich ganz selbstverständlich in das Bestehende eingefügt hat. Wie konnte die Menschheit bisher bloß ohne das leben? Der geborene Klassiker. Man konnte es sofort intuitiv bedienen, man fand sich dort sofort zurecht, man will nicht mehr ohne. Willkommen in dieser Kategorie!

Mit dem Ehrenpreis möchten wir hier den oder die Schöpfer einer Arbeit würdigen, die zum leuchtenden Vorbild für eine ganze Gattung wurde. Sie sind sich nicht sicher, ob »Ihre« Arbeit die erste ihrer Art ist oder war? Schlagen Sie sie trotzdem vor und schildern sie ihre spezifischen Qualitäten.

»Einfach toll«
Publikums-Ehrenpreis

Gibt es beim Ehrenpreis Arbeiten, die Sie begeistern? Mit einem Klick auf den Tropfen dort lassen Sie ein bisschen Lob auf den Gestalter regnen. Ihr Kompliment wird Wasser auf seinen Mühlen sein und dazu beitragen, dass mehr solcher toller Arbeiten entstehen. Die Arbeit mit den meisten Stimmen erhält den Publikumspreis – unabhängig davon, in welcher der sieben oben genannten Kategorien sie vorgeschlagen wurde.

Dieser Regen bringt Segen, ganz gewiss. Und Reden bringt auch Segen: je mehr über Gestaltung gesprochen wird, desto mehr kommt das nicht nur den einzelnen Gestaltern sondern der ganzen Disziplin zugute. Sie können dazu beitragen, dass unsere Preisträger außer der reinen Ehre – in allen Preiskategorien – auch einen kleinen Geldregen erhalten, mit dem sie im Idealfall eine Weile lang unabhängig forschen und Neues entwickeln können. Durch Ihre finanzielle Unterstützung darf sich die Welt auf weitere großartige Arbeiten dieser Preisträger freuen.

Der Ehrenpreis freut sich auf Vorschläge
http://www.der-ehrenpreis.de

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