Prokrastination … Das Wort klingt so hart und beschwört eine Klangmischung aus Prostitution und Kastration herauf. Diese beiden Begriffe sind den unangenehmen zuzuordnen, und wir kennen dieses Gefühl – im übertragenen Sinn natürlich – durch unseren Beruf als Gestalter nur zu gut. „Ich bin jung/alt und brauche das Geld“ oder „Der Text kann kürzer/das Bild kann raus, den liest/das guckt doch sowieso keiner.“

Dabei bedeutet Prokrastination doch nur die Tatsache, dass man Dinge, die man tun muss/will/kann/soll, aufschiebt – womöglich bis zum Sankt Nimmerleins-Tag. (Was für ein tolles Wort! Ob es das auch in anderen Sprachen gibt?) Das klingt schon bedeutend weniger bedrohlich.

Ich habe das Wort Prokrastination zum ersten Mal im Herbst 2010 gehört, als eine Studentin das zum Thema ihrer BA-Thesis machte. Vorher kannte ich es gar nicht, den Zustand der Aufschieberei hingegen schon. Und plötzlich war es in aller Munde und in allen Medien zu lesen. Ich halte die Aufmerksamkeit, die man diesem Wort zukommen lässt, für völlig überbewertet und denke, dass es wichtigere Dinge gibt, über die wir nachdenken sollten. (Deshalb schreib ich ja jetzt auch diese Zeilen … Was war nochmal Dialektik?)

Es gibt die verschiedensten Formen des Aufschiebens und diese haben deshalb auch unterschiedlichste Ursachen. Das reicht von schlichter Faulheit bis hin zu Versagensängsten. Und wir alle kennen diverse Ausprägungen. Ganz aktuell schiebe ich die Steuererklärung vor mir her wie einen toten Fisch. Das hat aber weder mit Faulheit noch Versagensangst zu tun, sondern mit einem grundsätzlichen Unbehagen gegenüber Formularen, Ämtern und Obrigkeiten aller Art. Und je öfter mein Mann mich daran erinnert, desto bockiger und unleidlicher werde ich (weil ich ja genau weiß, dass es gar nicht so schlimm ist) und schiebe dann wahrscheinlich noch weiter. Letzthin habe ich eine Vortragsvorbereitung geschoben, das hatte zu tun mit von Versagensängsten geprägtem Lampenfieber. Dann habe ich wichtige Lektüre verschoben, weil ich abends so müde bin. Die schriftlichen persönlichen Anmerkungen für die Studenten des letzten Semesters sind gerade erst fertig geworden, das war sogar eine geplante Aufschieberei zugunsten anderer Prioritäten. Den Zahnarzttermin habe ich auch immer noch nicht vereinbart – ich weiß auch warum, und auf dem Schreibtisch liegt noch der dicke Stapel mit zu Erledigendem …

Manchmal lohnt sich das Aufschieben aber auch wirklich; ich habe oft erlebt, dass es klug war, nicht sofort, oder auch gar nicht auf irgendwelche E-Mails zu antworten, die mich geärgert haben. Da ist Schweigen dann auch Gold, bzw. die Wut verraucht, und dann ist es zum Glück auch schon wieder Schnee von gestern. Auch Arbeiten und Anfragen erledigen sich manchmal wirklich von alleine, wenn man nicht an vorderster Front steht und „Hier“ ruft. Das gelingt mir nur immer nicht so gut, da ich immer befürchte, was ich nicht direkt beantworte, vergesse ich auch wieder, über den Haufen an nachfolgenden E-Mails, die sich oben drauf türmen.

Zugeschrieben wird die Aufschieberitis ja vor allem unserer Spezies, den sogenannten Kreativen, hier wird dann gerne die legendäre Angst vor dem weißen Blatt bemüht. Und ja, auch die gibt es natürlich. Egal ob Gestaltung oder Literatur, hier äußert man sich – meist öffentlich – sichtbar und lesbar und kann somit verbindlich auf etwas festgenagelt werden. Die Angst vor dem Versagen, gemessen am eigenen und fremden Anspruch ist groß. Zugegeben, das ist schon deutlich anstrengender, als die Wäsche nochmal waschen zu müssen, weil sie zu lange in der Maschine lag und nicht aufgehängt wurde. Das merkt ja so schnell kein anderer. Dennoch, nicht nur Gestalter und Literaten, sondern auch alle anderen Menschen kämpfen gegen die Verlockung des Verschiebens was in Zeiten von facebook & Co. zusätzlichen Aufwind erfahren hat, da uns die Zeit noch mehr zwischen den Händen bzw. vor den Augen verrinnt.

Also, lassen wir die Kirche im Dorf und versuchen uns zu entspannen – verschieben ist menschlich. Es gibt Schlimmeres. Dazu passt dann auch das wunderbare Zitat von Nam June Paik: „When too perfect, lieber Gott böse.“

Sankt Nimmerlein – Prokrastination …

Prokrastination … Das Wort klingt so hart und beschwört eine Klangmischung aus Prostitution und Kastration herauf. Diese beiden Begriffe sind den unangenehmen zuzuordnen, und wir kennen dieses Gefühl – im übertragenen Sinn natürlich – durch unseren Beruf als Gestalter nur zu gut. „Ich bin jung/alt und brauche das Geld“ oder „Der Text kann kürzer/das Bild kann raus, den liest/das guckt doch sowieso keiner.“

Dabei bedeutet Prokrastination doch nur die Tatsache, dass man Dinge, die man tun muss/will/kann/soll, aufschiebt – womöglich bis zum Sankt Nimmerleins-Tag. (Was für ein tolles Wort! Ob es das auch in anderen Sprachen gibt?) Das klingt schon bedeutend weniger bedrohlich.

Ich habe das Wort Prokrastination zum ersten Mal im Herbst 2010 gehört, als eine Studentin das zum Thema ihrer BA-Thesis machte. Vorher kannte ich es gar nicht, den Zustand der Aufschieberei hingegen schon. Und plötzlich war es in aller Munde und in allen Medien zu lesen. Ich halte die Aufmerksamkeit, die man diesem Wort zukommen lässt, für völlig überbewertet und denke, dass es wichtigere Dinge gibt, über die wir nachdenken sollten. (Deshalb schreib ich ja jetzt auch diese Zeilen … Was war nochmal Dialektik?)

Es gibt die verschiedensten Formen des Aufschiebens und diese haben deshalb auch unterschiedlichste Ursachen. Das reicht von schlichter Faulheit bis hin zu Versagensängsten. Und wir alle kennen diverse Ausprägungen. Ganz aktuell schiebe ich die Steuererklärung vor mir her wie einen toten Fisch. Das hat aber weder mit Faulheit noch Versagensangst zu tun, sondern mit einem grundsätzlichen Unbehagen gegenüber Formularen, Ämtern und Obrigkeiten aller Art. Und je öfter mein Mann mich daran erinnert, desto bockiger und unleidlicher werde ich (weil ich ja genau weiß, dass es gar nicht so schlimm ist) und schiebe dann wahrscheinlich noch weiter. Letzthin habe ich eine Vortragsvorbereitung geschoben, das hatte zu tun mit von Versagensängsten geprägtem Lampenfieber. Dann habe ich wichtige Lektüre verschoben, weil ich abends so müde bin. Die schriftlichen persönlichen Anmerkungen für die Studenten des letzten Semesters sind gerade erst fertig geworden, das war sogar eine geplante Aufschieberei zugunsten anderer Prioritäten. Den Zahnarzttermin habe ich auch immer noch nicht vereinbart – ich weiß auch warum, und auf dem Schreibtisch liegt noch der dicke Stapel mit zu Erledigendem …

Manchmal lohnt sich das Aufschieben aber auch wirklich; ich habe oft erlebt, dass es klug war, nicht sofort, oder auch gar nicht auf irgendwelche E-Mails zu antworten, die mich geärgert haben. Da ist Schweigen dann auch Gold, bzw. die Wut verraucht, und dann ist es zum Glück auch schon wieder Schnee von gestern. Auch Arbeiten und Anfragen erledigen sich manchmal wirklich von alleine, wenn man nicht an vorderster Front steht und „Hier“ ruft. Das gelingt mir nur immer nicht so gut, da ich immer befürchte, was ich nicht direkt beantworte, vergesse ich auch wieder, über den Haufen an nachfolgenden E-Mails, die sich oben drauf türmen.

Zugeschrieben wird die Aufschieberitis ja vor allem unserer Spezies, den sogenannten Kreativen, hier wird dann gerne die legendäre Angst vor dem weißen Blatt bemüht. Und ja, auch die gibt es natürlich. Egal ob Gestaltung oder Literatur, hier äußert man sich – meist öffentlich – sichtbar und lesbar und kann somit verbindlich auf etwas festgenagelt werden. Die Angst vor dem Versagen, gemessen am eigenen und fremden Anspruch ist groß. Zugegeben, das ist schon deutlich anstrengender, als die Wäsche nochmal waschen zu müssen, weil sie zu lange in der Maschine lag und nicht aufgehängt wurde. Das merkt ja so schnell kein anderer. Dennoch, nicht nur Gestalter und Literaten, sondern auch alle anderen Menschen kämpfen gegen die Verlockung des Verschiebens was in Zeiten von facebook & Co. zusätzlichen Aufwind erfahren hat, da uns die Zeit noch mehr zwischen den Händen bzw. vor den Augen verrinnt.

Also, lassen wir die Kirche im Dorf und versuchen uns zu entspannen – verschieben ist menschlich. Es gibt Schlimmeres. Dazu passt dann auch das wunderbare Zitat von Nam June Paik: „When too perfect, lieber Gott böse.“

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