Mit mir 90 Prozent möchte Menschen begeistern um gemeinsam die Wahlbeteiligung am 24. September 2017 deutlich zu erhöhen.

Wenn von den 62 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland 71,5% zur Wahl gehen (so niedrig war die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2013), entscheiden am Ende nur ganze 43 Millionen darüber, welche Politik für 81 Millionen Deutsche gemacht wird. Nur etwas mehr als die Hälfte also. Das fühlt sich falsch an.

Wie entstand »Mit mir 90 Prozent«?

Nach Brexit und Trump hatte ich im letzten Herbst das dumpfe Gefühl, dass so etwas auch bei uns passieren könnte. Eine populistische Überraschung bei niedriger Wahlbeteiligung. Frankreich und Holland waren ähnliche Drohszenarien. Daraus entstand zunächst eine ausführliche Beschäftigung mit dem Thema und die Erkenntnis, dass in funktionierenden Demokratien hohe Wahlbeteiligungen tatsächlich die demokratische Mitte stärken und niedrige Wahlbeteiligungen den radikalen Rändern in die Hände spielen, weil die es als erste schaffen, ihre Wähler zu aktivieren.

Ich erzählte dann zunächst meinem alten Schulfreund Benedikt Holtappels von der Idee und er war begeistert. Wir fanden diesen demokratischen Ansatz einer Kampagne genau richtig. Weil es (vor allem in den sozialen Medien) heute ja fast nur noch schwarz/weiß-Diskussionen gibt, die am Ende eskalieren und alles noch schlimmer als vorher ist. 

Mit mir 90% ist der Versuch, Demokratie begreifbar zu machen. Nicht nur einer möglichen populistischen Bedrohung wegen. Auch, weil eine niedrige Wahlbeteiligung sowieso nicht gut ist. Weil eine hohe Wahlbeteiligung ein robusterer Auftrag an die Politik ist. Weil man sich über dieses Thema anfängt, mit Politik zu beschäftigen. Und weil man dabei im übrigen auch ziemlich schnell merkt, dass Wählen allein vielleicht mittlerweile zu wenig ist, wenn sich Dinge verändern sollen, weil sie sich verändern müssen.

Wer steht alles hinter der Aktion?

Das ist eine bunte Truppe von mittlerweile ca. 20 Leuten im harten Kern, die sich im Laufe der Zeit gefunden hat und nun regelmäßig trifft und anschiebt. Leute aus der Werbung (neben Benedikt Holtappels auch Michael Trautmann von thjnk. Die Webagentur Ministry mit einigen Leuten, die freie Produktionerin Daniela Kunde, der Social Media-Spezialist Andre Töpfer. Christian Gummig von GummigGarbe), Leute aus dem Journalismus (die Tagesschau-Sprecherin Linda Zervakis, stern-Herausgeber Andreas Petzold, der Autor Michalis Pantelouris) und noch ein paar Leute mehr, von denen ich teilweise gar nicht so richtig weiß, was die machen.

Und dann natürlich unsere »Mitmacher«, die wir für Aktionen gewinnen konnten. Das sind Leute aus allen Bereichen des Lebens. Autoren, Journalisten, Sportler, Künstler, Influencer, »normale Bürger«, etc..

Eine Aktion mache ich mit Süpergrüp, also Mirko Borsche, Lars Harmsen, Sarah Illenberger, Eike König, Mario Lombardo, Erik Spiekermann, ich selbst und zwei Gästen (Mieke Haase und Martin Fengel). Wir haben T-Shirts entworfen. Das Modelabel closed hat die produziert und gemeinsam mit der Zeitschrift NEON verlosen wir die an Menschen, die sich nachweislich für eine hohe Wahlbeteiligung einsetzen. 

Welche Aktionen plant ihr? Kannst du uns von ein paar Aktionen erzählen?

Erstmal mussten wir uns sammeln. Wir haben mittlerweile eine Website und eine Facebook-Präsenz, die wir ständig pflegen. Wir haben eine Broschüre entwickelt, die uns vorstellt und erklärt, warum man unserer Meinung nach wählen sollte. 

Aber der Kern unserer Aktivitäten ist der @Wahlkalender. Das ist eine Art Adventskalender für die letzten 24 Tage vor der Wahl (die ja am 24.9. stattfindet). Da gibt es dann jeden Tag eine Aktion mit unseren »Mitmachern«. Wir bündeln unsere Aktivitäten also nicht in einer einzigen Kampagne, sondern versuchen, möglichst viele Aktionen zu stemmen, um ein möglichst unterschiedliches Publikum zu erreichen.

Das wird also ab dem 1. September über die Website gespielt – und verteilt sich dann hoffentlich über die sozialen Kanäle.

Die T-Shirt-Aktion ist eine Aktion davon. Wir haben auch eine klassische Anzeigenkampagne entwickelt, die von diversen Zeitungen und Magazinen gebracht wird. Der Rest ist Überraschung! Einfach mal reinschauen und verfolgen!

Mario Lombardo

Erik Spiekermann

Mieke Haase

Sarah Illenberger

Eine weitere Aktion erzähle ich noch, um zu erklären, wie es funktioniert: ich kenne den sehr gut vernetzten Sport-Journalisten Oliver Wurm sehr gut. Der hatte die Idee, jeweils einen Fußballweltmeister von 1954, 74, 90 und 2014 zu bitten, einen kurzen Wahlaufruf zu starten. Nach dem Motto: »54% sind viel zu wenig!« und so weiter.

Jetzt haben wir schon Horst Eckel von 1954 und Lothar Matthäus von 1990 im Kasten. Der Rest kommt auch noch. Daraus entsteht dann ein Video für einen Tag unseres @Wahlkalenders, der sich sicherlich viral sehr gut verbreiten wird.

Es sind solche Sachen, die entstehen. Meistens über unser Netzwerk. Mittlerweise melden sich aber auch immer mehr Leute von selbst und fragen, was sie machen können.

Was übrigens nicht funktioniert: sog. »richtige« Promis fragen. Die sind misstrauisch. Oder machen selber was und wollen nicht kooperieren. Und die häufigste Absage ist: »ich mache nur etwas, wenn ich damit meine eigenen Sachen promoten kann«. Ist wirklich so.

Gibt es finanzielle Mittel bzw. Sponsoren?

Nein. Es ist alles selbst finanziert und good will.

Ihr arbeitet ja nach dem Schneeballprinzip, wie kann man euch unterstützen?

Über Facebook #mitmir90prozent mit einer guten Idee bei uns melden – und dann machen.

Zu viele Leute sprechen uns an und finden das toll, ohne eine Idee zu haben, was sie machen könnten. Das ist sehr nett und hilft aber nicht, weil wir zu wenig Zeit haben, auch noch diese Leute zu koordinieren.

Wer also mitmachen will, sollte erstens eine Idee haben, was sie oder er machen möchte und zweitens auch in der Lage sein, die Aktion dann selbstständig umzusetzen. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (good old Erich Kästner). 

Zum Schneeballprinzip gehört eben auch, dass man den Schneeball mit anschiebt. Im Netz wird zu viel gelabert und zu wenig gemacht. Das ist teilweise schon erschreckend, finde ich. Wir nutzen das Netz. Aber jede Aktion, die wir planen, ist am Ende handmade. Nichts geht von selbst. Das ist der Unterschied zwischen man müsste mal und man macht.

Im Jahr 2013 betrug sie 71,5 Prozent, es gibt ja auch noch die Aktion 80 Prozent für Deutschland Scheint die Zahl nicht realistischer zu sein? Mit wie viel Prozent rechnet ihr wirklich?

Zunächst: 80% für Deutschland ist eine Aktion der FAZ, die entstand, nachdem wir denen von Mit mir 90% erzählt hatten – eigentlich um deren Unterstützung zu gewinnen. Das hat uns damals irritiert, zumal die FAZ damit auch eine Recruiting-Kampagne für Jungabonnenten verbindet. Aber prinzipiell finden wir natürlich alle Aktionen gut, die dem selben Ziel dienen.

In den 70er Jahren (konkret 1972 und 1976) lag die Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen schon mal über 90%. Das war eine sehr politische Zeit und thematisch der heutigen Zeit nicht unverwandt. 90% sind also keine Utopie, sondern vergessene Realität. Und warum sollte man sich nicht daran orientieren, auch wenn es vielleicht utopisch klingt?

Dass es am Ende keine 90% werden, ist uns klar. Trotzdem gefällt uns der Name, weil er ein bisschen übergeschnappt ist. Und Euphorie braucht man schon für so etwas.

Wenn es am Ende knapp über 80% werden, wäre das großartig. Die Holländer haben uns vorgemacht, dass dies möglich ist. Aber wir kämpfen natürlich für jede einzelne Stimme. Wir kucken nicht ständig auf die große Zahl, sondern wollen uns einfach nur für Demokratie und Freiheit einsetzen. Es gibt für uns keine Alternative zur Demokratie, auch wenn unsere Demokratie momentan nicht in der besten Verfassung ist. Die Antwort darauf ist aber sicher nicht weniger Demokratie, sondern im Gegenteil ein klares Bekenntnis zur Demokratie – um der Demokratie Beine zu machen.

Vielen Dank für deine Zeit!

Mit mir 90 Prozent – Interview mit Johannes Erler

Mit mir 90 Prozent möchte Menschen begeistern um gemeinsam die Wahlbeteiligung am 24. September 2017 deutlich zu erhöhen.

Wenn von den 62 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland 71,5% zur Wahl gehen (so niedrig war die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2013), entscheiden am Ende nur ganze 43 Millionen darüber, welche Politik für 81 Millionen Deutsche gemacht wird. Nur etwas mehr als die Hälfte also. Das fühlt sich falsch an.

Wie entstand »Mit mir 90 Prozent«?

Nach Brexit und Trump hatte ich im letzten Herbst das dumpfe Gefühl, dass so etwas auch bei uns passieren könnte. Eine populistische Überraschung bei niedriger Wahlbeteiligung. Frankreich und Holland waren ähnliche Drohszenarien. Daraus entstand zunächst eine ausführliche Beschäftigung mit dem Thema und die Erkenntnis, dass in funktionierenden Demokratien hohe Wahlbeteiligungen tatsächlich die demokratische Mitte stärken und niedrige Wahlbeteiligungen den radikalen Rändern in die Hände spielen, weil die es als erste schaffen, ihre Wähler zu aktivieren.

Ich erzählte dann zunächst meinem alten Schulfreund Benedikt Holtappels von der Idee und er war begeistert. Wir fanden diesen demokratischen Ansatz einer Kampagne genau richtig. Weil es (vor allem in den sozialen Medien) heute ja fast nur noch schwarz/weiß-Diskussionen gibt, die am Ende eskalieren und alles noch schlimmer als vorher ist. 

Mit mir 90% ist der Versuch, Demokratie begreifbar zu machen. Nicht nur einer möglichen populistischen Bedrohung wegen. Auch, weil eine niedrige Wahlbeteiligung sowieso nicht gut ist. Weil eine hohe Wahlbeteiligung ein robusterer Auftrag an die Politik ist. Weil man sich über dieses Thema anfängt, mit Politik zu beschäftigen. Und weil man dabei im übrigen auch ziemlich schnell merkt, dass Wählen allein vielleicht mittlerweile zu wenig ist, wenn sich Dinge verändern sollen, weil sie sich verändern müssen.

Wer steht alles hinter der Aktion?

Das ist eine bunte Truppe von mittlerweile ca. 20 Leuten im harten Kern, die sich im Laufe der Zeit gefunden hat und nun regelmäßig trifft und anschiebt. Leute aus der Werbung (neben Benedikt Holtappels auch Michael Trautmann von thjnk. Die Webagentur Ministry mit einigen Leuten, die freie Produktionerin Daniela Kunde, der Social Media-Spezialist Andre Töpfer. Christian Gummig von GummigGarbe), Leute aus dem Journalismus (die Tagesschau-Sprecherin Linda Zervakis, stern-Herausgeber Andreas Petzold, der Autor Michalis Pantelouris) und noch ein paar Leute mehr, von denen ich teilweise gar nicht so richtig weiß, was die machen.

Und dann natürlich unsere »Mitmacher«, die wir für Aktionen gewinnen konnten. Das sind Leute aus allen Bereichen des Lebens. Autoren, Journalisten, Sportler, Künstler, Influencer, »normale Bürger«, etc..

Eine Aktion mache ich mit Süpergrüp, also Mirko Borsche, Lars Harmsen, Sarah Illenberger, Eike König, Mario Lombardo, Erik Spiekermann, ich selbst und zwei Gästen (Mieke Haase und Martin Fengel). Wir haben T-Shirts entworfen. Das Modelabel closed hat die produziert und gemeinsam mit der Zeitschrift NEON verlosen wir die an Menschen, die sich nachweislich für eine hohe Wahlbeteiligung einsetzen. 

Welche Aktionen plant ihr? Kannst du uns von ein paar Aktionen erzählen?

Erstmal mussten wir uns sammeln. Wir haben mittlerweile eine Website und eine Facebook-Präsenz, die wir ständig pflegen. Wir haben eine Broschüre entwickelt, die uns vorstellt und erklärt, warum man unserer Meinung nach wählen sollte. 

Aber der Kern unserer Aktivitäten ist der @Wahlkalender. Das ist eine Art Adventskalender für die letzten 24 Tage vor der Wahl (die ja am 24.9. stattfindet). Da gibt es dann jeden Tag eine Aktion mit unseren »Mitmachern«. Wir bündeln unsere Aktivitäten also nicht in einer einzigen Kampagne, sondern versuchen, möglichst viele Aktionen zu stemmen, um ein möglichst unterschiedliches Publikum zu erreichen.

Das wird also ab dem 1. September über die Website gespielt – und verteilt sich dann hoffentlich über die sozialen Kanäle.

Die T-Shirt-Aktion ist eine Aktion davon. Wir haben auch eine klassische Anzeigenkampagne entwickelt, die von diversen Zeitungen und Magazinen gebracht wird. Der Rest ist Überraschung! Einfach mal reinschauen und verfolgen!

Mario Lombardo

Erik Spiekermann

Mieke Haase

Sarah Illenberger

Eine weitere Aktion erzähle ich noch, um zu erklären, wie es funktioniert: ich kenne den sehr gut vernetzten Sport-Journalisten Oliver Wurm sehr gut. Der hatte die Idee, jeweils einen Fußballweltmeister von 1954, 74, 90 und 2014 zu bitten, einen kurzen Wahlaufruf zu starten. Nach dem Motto: »54% sind viel zu wenig!« und so weiter.

Jetzt haben wir schon Horst Eckel von 1954 und Lothar Matthäus von 1990 im Kasten. Der Rest kommt auch noch. Daraus entsteht dann ein Video für einen Tag unseres @Wahlkalenders, der sich sicherlich viral sehr gut verbreiten wird.

Es sind solche Sachen, die entstehen. Meistens über unser Netzwerk. Mittlerweise melden sich aber auch immer mehr Leute von selbst und fragen, was sie machen können.

Was übrigens nicht funktioniert: sog. »richtige« Promis fragen. Die sind misstrauisch. Oder machen selber was und wollen nicht kooperieren. Und die häufigste Absage ist: »ich mache nur etwas, wenn ich damit meine eigenen Sachen promoten kann«. Ist wirklich so.

Gibt es finanzielle Mittel bzw. Sponsoren?

Nein. Es ist alles selbst finanziert und good will.

Ihr arbeitet ja nach dem Schneeballprinzip, wie kann man euch unterstützen?

Über Facebook #mitmir90prozent mit einer guten Idee bei uns melden – und dann machen.

Zu viele Leute sprechen uns an und finden das toll, ohne eine Idee zu haben, was sie machen könnten. Das ist sehr nett und hilft aber nicht, weil wir zu wenig Zeit haben, auch noch diese Leute zu koordinieren.

Wer also mitmachen will, sollte erstens eine Idee haben, was sie oder er machen möchte und zweitens auch in der Lage sein, die Aktion dann selbstständig umzusetzen. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (good old Erich Kästner). 

Zum Schneeballprinzip gehört eben auch, dass man den Schneeball mit anschiebt. Im Netz wird zu viel gelabert und zu wenig gemacht. Das ist teilweise schon erschreckend, finde ich. Wir nutzen das Netz. Aber jede Aktion, die wir planen, ist am Ende handmade. Nichts geht von selbst. Das ist der Unterschied zwischen man müsste mal und man macht.

Im Jahr 2013 betrug sie 71,5 Prozent, es gibt ja auch noch die Aktion 80 Prozent für Deutschland Scheint die Zahl nicht realistischer zu sein? Mit wie viel Prozent rechnet ihr wirklich?

Zunächst: 80% für Deutschland ist eine Aktion der FAZ, die entstand, nachdem wir denen von Mit mir 90% erzählt hatten – eigentlich um deren Unterstützung zu gewinnen. Das hat uns damals irritiert, zumal die FAZ damit auch eine Recruiting-Kampagne für Jungabonnenten verbindet. Aber prinzipiell finden wir natürlich alle Aktionen gut, die dem selben Ziel dienen.

In den 70er Jahren (konkret 1972 und 1976) lag die Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen schon mal über 90%. Das war eine sehr politische Zeit und thematisch der heutigen Zeit nicht unverwandt. 90% sind also keine Utopie, sondern vergessene Realität. Und warum sollte man sich nicht daran orientieren, auch wenn es vielleicht utopisch klingt?

Dass es am Ende keine 90% werden, ist uns klar. Trotzdem gefällt uns der Name, weil er ein bisschen übergeschnappt ist. Und Euphorie braucht man schon für so etwas.

Wenn es am Ende knapp über 80% werden, wäre das großartig. Die Holländer haben uns vorgemacht, dass dies möglich ist. Aber wir kämpfen natürlich für jede einzelne Stimme. Wir kucken nicht ständig auf die große Zahl, sondern wollen uns einfach nur für Demokratie und Freiheit einsetzen. Es gibt für uns keine Alternative zur Demokratie, auch wenn unsere Demokratie momentan nicht in der besten Verfassung ist. Die Antwort darauf ist aber sicher nicht weniger Demokratie, sondern im Gegenteil ein klares Bekenntnis zur Demokratie – um der Demokratie Beine zu machen.

Vielen Dank für deine Zeit!

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