Antworten von Martin Gnadt
Gnadt: Ich habe an der design akademie berlin in Kreuzberg Kommunikationsdesign studiert. Nach vier Jahren (drei Semester Grundstudium, ein Praxissemester und vier Semester Hauptstudium) bekommt man dort ein Diplom (FH). Ich habe mich bewusst für eine private Akademie mit schulischer Struktur entschieden, da ich einen gewissen Druck von Nöten hielt, um das Studium ernsthaft zu betreiben.
Gnadt: Ich wusste schon recht früh, was ich studieren möchte, habe nach dem Abi meinen Zivildienst absolviert und ein 3-monatiges Videoschnittpraktikum in einer kleinen Potsdamer Agentur gemacht. Wie viele andere Grafiker auch, habe ich eine intensive Karriere in der Verschönerung des öffentlichen Raumes hinter mir. Das half mir damals schon ein intensives Verhältnis zu Typografie zu entwickeln und hat mich auch teilweise dazu bewegt, Kommunikationsdesign zu studieren. Ich wusste von Anfang an, dass ich Selbständig arbeiten möchte.Deshalb kam eine Festanstellung für mich nicht in Frage.
Gnadt: Ich habe während eines Praxissemesters in einer größeren Werbeagentur in Berlin gearbeitet und wusste nach langen sechs Monaten: Das ist genau das, was ich nicht will. Ich hatte keinen Spielraum für die Verwirklichung meiner Gestaltungsvorstellungen. Wenn ich mal was vorgeschlagen hatte, wurde es so verändert, dass ich nicht mehr zufrieden damit war. Danach ging ich zurück in die Uni um dann direkt parallel angefangen selbständig zu arbeiten. Die Entscheidung für die Selbständigkeit habe ich schon immer in mir herumgetragen.
Es war eine Entscheidung, die ich in den letzten drei Jahren nicht eine Sekunde bereut habe. Ich arbeite so gut es geht direkt für Kunden und nicht als Freelancer für Agenturen. So habe ich die Möglichkeit direkten Einfluss auszuüben und meine Entwürfe mit dem letzten Entscheidungsträger zu besprechen. Letztendlich ist man bei fast allen Projekten, mehr als nur Gestalter, man ist Konzeptioner, Berater, Experimentierender und Entdecker. Die Vielfältigkeit der Dinge, mit denen man sich konfrontiert sieht, ist toll und zwingt einen sich stets weiter zu entwickeln.
Gnadt: Ich kann nur erzählen, wie ich den bisherigen Weg gegangen bin: Ich habe bereits während des Studiums erste Erfahrungen mit der Selbständigkeit gesammelt. Diese Erfahrung hat mir geholfen mit Selbstvertrauen dem Kunden gegenüber zu stehen. Wir hatten eine sehr gute Ausbildung im Präsentieren von Ideen an unserer Uni. Das ist meiner Meinung nach ein existenzieller Faktor in der Selbständigkeit. Wenn du deine Arbeiten nicht vernünftig präsentieren und deine Ideen nicht transportieren kannst, dann wird sich der Kunde höchstwahrscheinlich nicht für dich entscheiden.
Generell lässt sich sagen, dass man von Leuten lernen kann, die den Weg in die Selbständigkeit schon gegangen sind. Ich habe einige Bücher durchgearbeitet, die die notwendigen Dinge, wie Rechtliches, Versicherungen, KSK, Nutzungsverträge etc. …, behandelten. Diese Bücher haben mir geholfen den finanziellen, organisatorischen Teil der Selbständigkeit besser zu überblicken.
Für den gestalterischen Teil der Selbständigkeit hat es mir unter anderem geholfen einige Bücher über/von Designer(n) zu lesen, die mit ihrer Arbeitsweise sehr erfolgreich sind und waren (Tibor Kalman, Karel Martens, Stefan Sagmeister, Jonathan Barnbrook, Kurt Weidemann …).
Mit diesem Wissen habe ich versucht etwas intensiver von jemandem zu lernen, der genau diesen Weg schon gegangen ist. Also habe ich mich bei Stefan Sagmeister in New York beworben und dort für drei Monate gearbeitet. Das war eine sehr spannende Zeit für mich und ich habe sehr viel gelernt. Als Stefan mal gefragt wurde, was er einem jungen Selbständigen in finanzieller Hinsicht raten würde, hat er unter anderem gesagt: »Nimm’ mehr Geld ein, als du ausgibst.« Das darf man nicht vergessen. Selbständig sein bedeutet ein Business zu führen und deshalb auch finanziell den Arsch an die Wand zu bekommen.
Gnadt: Bis jetzt hatte ich das Glück, das immer im richtigen Moment neue Projekte an mich herangetragen wurden. Ich habe in den ersten drei Jahren in keiner Weise Werbung für mich gemacht. Das ändert sich aber gerade. Ich bin auf der Suche nach neuen bzw. anderen Projekten und erneuere gerade meine Website, die seit zwei Jahren im Dornröschenschlaf lag. Des Weiteren hab ich gerade für mich entschieden, mindestens zwei Tage im Monat für experimentellere Arbeiten frei zu blocken. Ich möchte gerne etwas handwerklicher arbeiten und muss dafür erst einmal meine Fähigkeiten erneuern. Ich möchte mit den geplanten Experimentiertagen ein Ventil für die sich anstauenden Ideen in meinem Skizzenbuch öffnen und als Gestalter besser zu werden. Ich freue mich sehr darauf und habe letztendlich natürlich die Hoffnung, mit den im Experiment entstehenden Arbeiten neue Gestaltungsrichtungen und auch neue Kunden zu finden.
Buchempfehlungen:
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How to be a graphic designer without losing your Soul. — Adrian Shaugnessy
Made you look — Stefan Sagmeister
Tibor Kalman, Perverse Optimist — Peter Hall, Michael Bierut
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