In Bezug auf die Glaubwürdigkeit der unternehmerischen Selbstdarstellung wird Geschäftsberichten – anders als beispielsweise Imagebroschüren oder Werbung – eine ganz besondere Stellung zuteil: Zum einen werden die berichteten Aussagen von Dritten auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft. Zum anderen dienen sie meist über ganze Dekaden – intern und extern – als DIE Referenz um die Entwicklung einer Unternehmung stichhaltig nachzuvollziehen. Es hängt schließlich von der Überzeugung der Anspruchsgruppen in die Zukunftsfähigkeit des Geschäfts ab, ob sie dem Unternehmen ihr ›Goodwill‹ und vor allem ihr Kapital zur Verfügung stellen. Bei der Berichterstattung zahlt sich hier das Wissen um gesellschaftlichen Wandel, ein offenes Ohr gegenüber externen Informationsbedürfnissen und Ehrlichkeit in punkto der eigenen Position zunehmend aus.
Das der Geschäftsbericht gemeinhin als Leitmedium der Unternehmenskommunikation gilt hat auch damit zu tun, das er eines der wenigen Medien ist in denen Unternehmen über sich selbst berichten, nicht über ihre Produkte und Dienstleistungen, d.h. der Geschäftsbericht ist Ausdruck der Unternehmensmarke. Heutige Geschäftsberichte stellen das Unternehmen als Gesamtes in den Fokus. Das Agenda-Setting von Unternehmen wird in einem zuvor nicht gekannten Ausmaß durch die Anspruchsgruppen bestimmt. Hier setzen Unternehmen die gesellschaftliche Relevanz bestimmter Themen mit der Relevanz für ihr Geschäft in Bezug, um Themen mit besonderem Potenzial oder Risiko rechtzeitig zu bestimmen und darüber zu berichten. Es wird von Unternehmen gefordert, stärker und unvermittelter in den gesellschaftlichen Diskurs zu gehen – dabei werden systematisch alle Medien zur Stärkung der Unternehmensmarke in die Berichterstattung integriert. Die Inhalte des Geschäftsberichtes geraten in Zeiten zunehmender und vernetzter Kommunikation viel schneller und leichter in die Öffentlichkeit und sie sind – einmal im Internet veröffentlicht – irreversibel.
Um gegenüber Stakeholdern vertrauensbildend zu wirken ist es deshalb unabdingbar, über verschiedene Medien hinweg ein möglichst konsistentes Bild des Unternehmens wiederzugeben.
Eine jüngst veröffentliche Studie des CCI zur Intermedialität des Corporate Reporting deutscher börsennotierter Aktienunternehmen verdeutlicht, dass 70 Prozent der Unternehmen die Auflage des gedruckten Geschäftsberichts zugunsten eines Online-Geschäftsberichts zwar zurückgefahren haben, das aber weitere Reduktionen der Printauflage, auch bei steigender Bedeutung des HTML Berichts, nicht zu erwarten sind. Zwar geben die Unternehmen an z. Zt. vor allem aus reputativen Gründen digital präsent zu sein, die Mehrheit der Unternehmen stimmt aber der Prognose zu, dass die Berichterstattung in Zukunft intermedial auf allen Plattformen stattfinden muss. Damit geht einher, dass sich die digitalen Formate des Geschäftsberichts zunehmend von der reinen Adaption des Printberichts lösen und stattdessen medienspezifische Darstellungsformen für die Präsentation der Inhalte im Internet gefunden werden müssen. In punkto Vernetzung, Interaktivität, Partizipation und Multimedialität wartet das Internet mit kommunikativen Möglichkeiten auf, die von den Unternehmen für die Berichterstattung heute erst in Ansätzen genutzt werden. Zudem wissen die Unternehmen wenig über die Nutzung ihrer internetbasierten Berichterstattung, nur ein Viertel der Befragten gibt an die Zugriffszahlen zu kennen. Das ist umso erstaunlicher als die digitalen Medien die Möglichkeiten der Erfassung der Zugriffsraten quasi mit anbieten. Es ist aber davon auszugehen, das sich zukünftig vieles stark verändern wird, ist doch das Corporate Reporting in Unternehmen vor Allem eine Kommunikationsaufgabe, die Verantwortung für den Geschäftsbericht liegt (bis auf wenige Ausnahmen) bei den Abteilungen Unternehmenskommunikation und Investor Relation. Wegen der Konsistenz in der Berichterstattung sind die Themen des Geschäftsberichts von nie da gewesener Bedeutung für die Arbeit der Unternehmenskommunikation. Mit anderen Worten: Seine medialen Inhalte werden auf vielfältigste Weise für die Kommunikation mit weiteren Stakeholdern genutzt.
Interessanterweise spricht die digitale Berichterstattung aus Sicht der Unternehmen ein breiteres Publikum an, der Nutzen von HTML und Co. für Stakeholder wird knapp über dem Nutzen für Shareholder gesehen. Dies deckt sich mit den Erkenntnissen aus dem aktuellen Wettbewerb des CCI, nach dem viele Unternehmen besonders die für Stakeholder relevante Information für die digitale Kommunikation aufbereiten, Lagebericht und Konzernabschluss jedoch vielfach nur als PDF einbinden (Mischformen aus HTML und PDF machen immerhin die Hälfte der bewerteten Online-Geschäftsberichte aus).
Die Zukunft der Berichterstattung ist intermedial!
In Anbetracht multipler Kommunikationskanäle und der damit stetig wachsenden Komplexität ein Bild zu vermitteln das gleichbleibend schlüssig und vertrauenswürdig ist, diese Aufgabe wird für Unternehmen nicht leichter. Für Geschäftsberichte-Macher ist sie existenziell.
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