Design im Detail
Alltagskunst
Müssen Aktenordner gut aussehen? Reicht es nicht, wenn ein Anzeigentext lesbar ist? Nein, sagen Designer, das reicht keineswegs. Denn gerade die kleine Kunst im Alltag macht das Leben lebenswert. Eine große Rolle bei der Umsetzung dieses Gedankens spielen auch Grafiker und Webdesigner. Welche Rolle das Design in unserem modernen Alltag einnimmt, hat Frank Wagner – Gründer der Münchner Designagentur Hw.d – in einem interessanten Interview beschrieben.
Wie spannend und innovativ Alltagsdesign sein kann, zeigt unter anderem das Vitra Design Museum in Weil am Rhein. Hier widmet sich zurzeit die Ausstellung „Typologie. Eine Studie zu Alltagsdingen“ der Entwicklung und Kreativität von Gegenständen, die uns tagtäglich umgeben. Denn Design finden wir tatsächlich überall. Bei den bereits erwähnten Aktenordnern oder Anzeigen ebenso wie beispielsweise in der individuellen Darstellung eines Menschen, angefangen bei der Wahl der Kleidung bis hin zu Hüllen für Smartphones und Tablets mit einem ganz persönlichem Design. Der Kreativität sind im Alltag keine Grenzen gesetzt.
Hinter Design im Alltag steckt zunächst die Idee, das Umfeld schöner, kreativer, aber auch praktischer zu machen. Ein Beispiel dafür ist das legendäre Bauhaus. Diese Synthese von Kunst und Handwerk mit ihren Heroen wie Ludwig Mies van der Rohe, Walter Gropius oder Anni Albers revolutionierte große Bereiche des Alltags. Der Einfluss dieser Strömung reicht vom Wohnen (Gropius-Stadt in Berlin) über Uhren („Automatic“ von Max Bill) bis hin zu den Lampen und Küchenaccessoires von Wilhelm Wagenfeld. Auch heute noch beeinflusst das Bauhaus das Design wesentlich. Etliche Logos – unter anderem für das Magazin National Geographic, den Einrichter Rooem oder Lego – nahmen die puristische und minimalistische Sprache des Bauhaus-Designs auf.
Die Geschichte des Alltagsdesigns beginnt aber bereits viel früher. Genau genommen gehören bereits die Höhlenmalereien der Steinzeit dazu. Denn sie beschäftigten sich mit dem Alltag der Menschen dieser Epoche und fanden bereits eine eigene Designsprache. So gilt heute als erwiesen, dass Höhlenmenschen die Bewegungen von Tieren besonders präzise darstellen konnten. Darüber berichtete unter anderem das Wissenschafts-Ressort der „Welt“. Mit der Erfindung der Druckerpresse ging das Design dann endgültig in eine neue Ära über – die der Anzeigengestaltung und vor allem der Logos. Die ersten Printanzeigen gab es bereits in den 1620er Jahren: Damals wurden die sogenannten „Corantos“ entwickelt, Diese Vorläufer der Zeitung hatten tatsächlich bereits Werbeanzeigen. Übrigens gibt es bis heute eine Designschrift, die diesen Namen trägt.
Als erste Grafikdesign-Agentur der Welt gilt die sogenannten „Wiener Werkstätte“, die 1903 in der österreichischen Landeshauptstadt gegründet wurde. Sie war Vorläufer des Bauhauses und brachte der Welt Kunst-Innovationen wie den Kubismus. Vor allem aber war die Werkstatt die erste ihrer Art, die Maler, Architekten und Grafikdesigner zusammenbrachte. Der legendäre Grafiker Paul Rand war es dann, der das Grafikdesign endgültig etablierte, sein Ruf nach „funktionell-ästhetischer Perfektion“ hat bis heute Gültigkeit. Paul Rand entwickelte unter anderem die Markenlogos für IBM und UPS.
Logos sind generell bestens geeignet, um die Geschichte des Grafikdesigns zu reflektieren. Immerhin sollen sie Inhalt und Image eines Unternehmens auf den Punkt bringen. Und es war auch ein Logo, dass die nächste Stufe des Grafikdesigns zündete – genauer gesagt, das des Musiksenders MTV. Denn das veränderte sich – eine Premiere in der Geschichte des Designs – permanent und markiert die Schnittstelle zwischen klassischer Grafik und Webdesign.
Diese Entwicklung begann in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts mit dem Beginn der digitalen Epoche. Dabei war die Verbreitung von Computern in Privathaushalten etwas Ähnliches wie die Erfindung der Druckerpresse – beides macht Informationen und Unterhaltung der breiten Masse zugänglich. 1990 schließlich kam mit Adobe Photoshop ein Tool auf den Markt, welches das Design noch mal veränderte. Denn jetzt wurden Elemente von Illustration, Typografie, Fotografie und 3D-Computergrafik erstmals miteinander verbunden.
Funktionales Design hat jedoch nicht nur Kunst oder Kommerz als Markenkern, sondern auch eine politische Dimension. Das Bauhaus ist dafür ein ebenso gutes wie erschreckendes Beispiel. Immerhin mussten einige Künstler im Nationalsozialismus Deutschland verlassen, weil den Machthabern der das Künstler-Kollektiv „bolschewistisch“ vorkam. Dem Einfluss, den Grafikdesign in der jüngeren Zeit auf gesellschaftliche und politische Entwicklungen nahm, geht Andreas Laeufer, Executive Creative Director der Berliner Design- und Lifestyleagentur Leo Burnett in diesem Artikel nach. Fest steht auf jeden Fall, dass gesellschaftliche Themen auch im Design immer mehr in den Vordergrund rücken. Verwunderlich ist das nicht. Mittlerweile geht es schon lange nicht mehr nur um die Schönheit des Designs, sondern auch um den Sinn dahinter. Vor allem Begriffe wie Nachhaltigkeit und Umwelt prägen daher seit einigen Jahren die Design-Landschaft. Nicht von ungefähr. Denn Grafikdesign vermittelt nicht nur Informationen, sondern setzt auch Trends. Vor allem aber ist Grafikdesign eine Arbeit mit und an Visionen – auch solchen, die dabei helfen, die Welt zu verbessern.