Corporate Design bis zur Visitenkarte – aber individuell
Jeder Ihrer Unternehmenswerte, die gesamte Philosophie Ihres Unternehmens und am besten auch noch die Unternehmensvision, mussten Designer im letzten Jahrhundert für Sie im Logo vereinen. „Do not touch the logo“, ist wohl jedem bekannt und führte vielleicht zu einem hohen Widererkennungseffekt. Das Gefühl, das Unternehmensbild in der Öffentlichkeit fest im Griff zu haben, war nur für das Unternehmen selbst ein gutes, denn gleichzeitig führte dieser Ansatz aber auch zu gebrochenen und zerrissenen Erscheinungsbildern. Unantastbare Logos hoben sich zwar ab, erzeugten aber ein gestörtes Bild beim Betrachter. Natürlich ist dies nur ein Teil des firmenweiten Corporate Designs, spiegelt aber das bisher weitverbreitete Verständnis wieder. Ein neuer Denkansatz, der sich von verstaubten Prinzipien entfernt und dadurch Corporate Design neu erfindet, tritt bei neuen Arbeiten zum Vorschein. Alt Eingesessene würden dies wohl eher als (Un)-Corporate bezeichnen. Denn der Denkansatz lebt von Individualität, von der Fähigkeit sich wie ein Chamäleon anzupassen, dabei jedoch nicht zu verstecken.
Ein Gesicht, das durch eine neue Brille einen völlig anderen Charakter erhält, aber immer noch die Identität der Augen ausstrahlt.
Ein wahrer Balanceakt anpassbar wie ein Chamäleon zu sein, aber dennoch seine Individualität und viel mehr Identität zu behalten. Unmöglich – nein, etablierte Firmen leben dieses Konzept im Denken schon vor. Als gelungene Beispiele dienen neben Google und Apple noch viele weitere. Da wäre die Arbeit des Designbüros Flëve zum Yandex Tool-Kit namens BEM (Bloc, Element, Modifier). All diesen Firmen gelingt es, durch ein detailliertes und logisches Gesamtkonzept im Corporate Design, einen Widererkennungswert zu erzeugen, obwohl Logos, Schriften, Websites, Flyer, Visitenkarten und Verpackungen, immer perfekt an die Situation angepasst sind. Erreicht wird dies durch ein Maß an Vielfältigkeit im Grundkonzept. So lassen die Logo- und Unternehmensfarben von Google Spielraum für ein harmonisches Zusammenspiel fremder Anforderungen. Allein durch Farbkombinationen werden das Unternehmen und seine Produkte für uns identifizierbar. Der Raum für die heute gewünschte Individualität trotz Identität, entsteht außen herum. Verlangt es die Situation und das Logo, kann nicht in den eigentlichen Farben aufgrund der Umgebung oder des Hintergrunds erscheinen, so findet man die Farben stets in unmittelbarer Nähe. Mit dieser beispielhaften Kombination ist der Widererkennungseffekt vorhanden, das Corporate Design eingehalten und es ergibt sich noch immer ein harmonisches Erscheinungsbild.
Corporate Design nach Wunsch
Dieser Ansatz gilt genauso für die Typografie und beschränkt sich dabei nicht nur auf Firmenslogans oder Schriftzüge des Firmennamens. Der Gedanke einer einheitlichen Schriftart, die jedoch wiederum anpassbar ist, setzt sich auch in Fließtexten, wie auf Verpackungen oder auf Firmen-Websites, in Briefen oder auch auf Visitenkarten, fort. Dadurch ist die Identität gewährleistet und es entsteht kein Bruch im Erscheinungsbild. Denn anpassbar bedeutet, dass das Konzept der Typografie beispielsweise individuellen Wünschen der Mitarbeiter Freiraum gibt. Wünscht ein Mitarbeiter Visitenkarten mit glänzendem Effekt oder ein anderer ein mattes Erscheinungsbild, so ist jeder Firma gut daran getan, solch geringfügigen Wünschen nach zu kommen, da dies ein ebenso geringer Aufwand für das Unternehmen ist. Wird dieser Freiraum jedoch durch ein altes starres Corporate Design eingeschränkt, ist man nicht nur NICHT auf der Höhe der Zeit, sondern hat auch noch unzufriedene Mitarbeiter. Doch nicht nur Materialien müssen bei Visitenkarten berücksichtigt werden, sondern auch Farben. Ist die Unternehmensschrift eigentlich rot, ist gegen den Wunsch eines Mitarbeiters von weißer Schrift auf roten Karton bei Visitenkarten, ebenfalls nichts einzuwenden. Denn Unternehmensfarben werden aufgegriffen, die Typografie eingehalten und das Erscheinungsbild des Logos an die Situation angepasst. Das wesentlich Schwierigere ist eine Druckerei zu finden, die Visitenkarten nach Wunsch druckt und bei kleinen Auflagen noch zu einem guten Preis. Doch auch die sollte sich finden lassen. Das Projekt aus dem Designbüro Flëve hat den Mitarbeitern genau diesen Freiraum gelassen, sodass jeder Mitarbeiter seine individuellen Kommunikationsmaterialien erhält, die dem Corporate Design immer noch entsprechen. Entwickler und Programmierer bekommen bei BEM das Firmenlogo im Comic-Style auf die Visitenkarte. Weitere Kontaktdaten sind in Quellcode-Optik dargestellt.
Don’t corporate your design to callaborate with your surroundings
Die Idee des neuen Corporate Designs ermöglicht folglich den Widererkennungseffekt durch die Kombination und das stetige Spiel zusammengehöriger Komponenten. Die Vielfalt der Zusammensetzungsmöglichkeiten ermöglicht den Freiraum gegen zerrissene Erscheinungsbilder anzukämpfen, um kein gestörtes Erscheinungsbild bei der Kollaboration mit der Umgebung zu hinterlassen. Corporate Design ist noch lange nicht tot, es erfindet sich nur neu und befreit sich dabei von altem Ballast. Logozentrik ist nicht mehr zeitgemäß und auch neue Muster-Corporate Identities benötigen ein klares Konzept, um nicht in flatternden Formspielereien zu enden. Es muss Raum für individuelle Authentizität geschaffen werden, aber ohne Identitätsverlust. Corporate Design erfindet sich neu und nutzt die Tools und den Willen der Zeit.