Der menschliche Körper als Kunstobjekt
Kunst und Design begleiten den Menschen 24 Stunden am Tag. Je nach Stil und Vorlieben kleiden wir uns, suchen das Auto aus und richten unsere Wohnungen ein. Doch auch der Mensch selbst entwickelt sich zunehmend zu einem lebenden Kunstobjekt.
Totgesagte leben länger
Tätowierungen scheinen ein Trend zu sein, der niemals aus der Mode kommt. Die Hautverzierungen in allen möglichen Formen und Farben halten sich seit Jahrhuderten hartnäckig als Teil verschiedener Gesellschaften. Obwohl 2004 ein abschätziger Artikel in der “taz” das damals beliebte Massenphänomen als “Arschgeweih” bezeichnet und dieses somit zum Aussterben verurteilt hatte, ist die Haut der Menschen bunter denn je zuvor. Selbst obere Schichten tragen Bilder am Körper – so sieht man tätowierte Professoren, Ärzte und Anwälte. Doch das ist nicht die einzige Erscheinung, die partout nicht mehr aus der Mode kommen will. Vor einigen Jahren wurde zum Beispiel vorhergesagt, dass Metrosexualität in ist und bald alle Männer glattrasiert rumlaufen würden. Stattdessen sieht man heute überall 3-Tage- und sogar Vollbärte. Das, was sich verändert hat, ist aber die Art und Weise der Körperkunst. Früher ließen sich Menschen Tattoos von Freunden stechen und ihre Gesichtsbehaarung einfach wild wachsen. Heutzutage legt man viel mehr Wert auf die Qualität. Die Hautbemalung muss ausgefallen und gut gestochen sein, die Bärte gepflegt und gleichmäßig. Deswegen suchen viele Männer auch professionelle Barbiere auf, die Klingen, Pinsel, Seifen und Rasierschalen zur Verfügung haben, oder bestellen sich die entsprechenden Utensilien einfach im Netz.
Trends werden zu Mainstream
Phänomene, die sich besonders hartnäckig halten, bezeichnet man im Fachjargon als Makrotrend. Diese können über zehn Jahre überleben und als gesellschaftliche Bewegungen angesehen werden. Meist möchten Individuen dadurch ihre eigene Persönlichkeit zur Geltung bringen. Schließlich möchte sich ja jeder von uns als einzigartig inszenieren – so wird aus dem Menschen eine eigene Marke. Das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung scheint gigantisch zu sein: Schätzungsweise hat sich bereits jeder Vierte der 20- bis 40-Jährigen tätowieren stechen lassen, jeder dritte Mann trägt Bart. Von vorübergehenden Modeerscheinungen kann da kaum die Rede sein. Jedoch kann das Prinzip auch überspitzt werden – wie im Falle des Arschgeweihs, das früher als individuelle Tattooidee galt. Wer also Trendsetter sein möchte, kann auch ganz leicht in der Masse untergehen. Ähnlich verhält es sich mit Mikrotrends, die vom Laufsteg kommen. Diese kommen immer wieder und verbreiten sich extrem schnell.
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