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Dmig 4 ---------------- Interview

Martin Gassner über das Ausnutzen technischer Möglichkeiten für die Usability

Martin Gassner war mehr als 10 Jahre bei Interone und dort bis vor Kurzem als Geschäftsführer Kreation tätig. Er ist ADC Mitglied, hat selbst diverse Design- und Werbepreise gewonnen und hat jahrelang namhafte Kunden, z.B. MINI und BMW, betreut. Wir haben Martin Gassner zum Interview gebeten.

Interview von Nicole Zimmermann und Patrick Marc Sommer

Entscheidend dafür, wie lange der User eine Website besucht, ist die Benutzerfreundlichkeit. Er ist eine gewisse Struktur gewöhnt. Wie kann man Deiner Meinung nach dennoch eine Seite erfrischend neu gestalten?

Benutzerfreundlichkeit und Struktur stehen grundsätzlich in keinem Widerspruch zu erfrischender Gestaltung. Je nach Aufgabenstellung und Zielformulierung können gelernte Prinzipien gebrochen werden. Dementsprechend werden bei der Gestaltung eines Online-Shopping-Prozesses für Treppenlifte andere frische Gestaltungsüberlegungen einfließen als bei der Gestaltung eines Online Adventures für 15-jährige Game Kids.

Wie findest Du den goldenen Mittelweg in Deinen Arbeiten zwischen dem Ausreizen neuer technischen Möglichkeiten in der Gestaltung und Barriere freier Gestaltung?

Es geht nicht um den goldenen Mittelweg, wenn dieser Kompromisse über Kompromisse bedeutet. Es geht darum, wie für eine formulierte Aufgabenstellung die beste Idee am besten umgesetzt werden kann. Neue technische Möglichkeiten ordnen sich dementsprechend dem zu erreichenden Ziel unter. Die Frage ist, kann ich durch neue technische Möglichkeiten einen Mehrwert stiften, verbessern diese die User-Experience? Das Ausreizen neuer technischer Möglichkeiten um des Ausreizens willen führt in der Regel zu recht langweiligen Lösungen.

Crowdsourcing, Social-Networks, generell Web 2.0 haben das Internet verändert und geben jedem Benutzer die Möglichkeit, das Web selbst zu gestalten, sei es mit Design, Kommentaren oder Inhalten. Wie siehst Du diese Entwicklung?

Ich finde diese Entwicklung großartig und anregend. Es hat sich dadurch eine Dynamik in Gang gesetzt, die Konsumenten mit ungeheurer Macht ausstattet und dadurch bei vielen Marken ein Umdenken in Bezug auf Haltung und Kommunikation erzwingen wird.

Oft werden Social-Networks wie Facebook oder Twitter für werbliche Zwecke genutzt, da sich hier Informationen schnell und ohne viel Zutun verbreiten. Denkst Du, dass dieser Weg die Zukunft weist?

Definitiv. Der System immanenten Dynamik sozialer Netzwerke wird in Zukunft keine Marke aus dem Weg gehen können. Das sind die Orte, wo die Konsumenten über Marken sprechen und sich, jenseits der klassischen Broadcast-Kommunikation, ihr Bild darüber machen. Das heißt für Marken genau hinzuhorchen und sich auf Augenhöhe am Diskurs beteiligen.
Es ist aber eine Illusion zu glauben, dass sich dort Informationen schnell und ohne viel Zutun verbreiten. Dieses hängt sehr stark von der Art der Inhalte im jeweiligen Kontext ab, um die notwendige Aufmerksamkeit zu bekommen.
Also, will mir hier jemand nur etwas verkaufen, oder macht mir jemand ein Geschenk? Wird mein Leben einfacher oder einen bringt es einen Sinn stiftenden Beitrag in den Diskurs ein? Das Wort »werblich« ist in diesem Zusammenhang der falsche Denkansatz. Soziale Netzwerke sind kein weiterer Media-Kanal. Relevanz und Glaubwürdigkeit sind hier Schlüsselfaktoren.

Fast jeder, von der neuen Zahnärztin bis hin zum Großkonzern, sind sie im Web vertreten. Was ist wichtig, um aus der Masse hervorzustechen?

Interessanten und relevanten Content bieten, Vernetzung so einfach wie möglich machen und für gute Auffindbarkeit, im gewünschten Kontext, bei Google sorgen.

Wie schätzt Du die Wichtigkeit des Internets in Bezug auf die Werbung (auch im Vergleich zu Print bzw. klassischer TV-Werbung) ein?

In Bezug auf »klassische Werbung« ist das Internet erst einmal nur ein weiterer Mediakanal, auf dem Werbung ausgespielt wird mit dem Vorteil, dass ohne Medienbruch direkt konvertiert werden kann. Dieses wäre aber zu kurz gesprungen. Nachhaltig erfolgreiche Kommunikation im Internet erfordert ein Denken jenseits »klassischer Werbung«.
Wie zuvor schon gesagt, das Internet ist der Ort wo Konsumenten über Marken und Produkte sprechen. Und diesem Diskurs glauben Konsumenten in der Regel mehr als den Marketing-Botschaften aus der sogenannten »klassischen Werbung«

Was sind die schlimmsten Fehler die man bei der Gestaltung von Websites begehen kann?

• Fehler: Eine Website so zu gestalten, dass der User nicht versteht warum es die Website gibt. • Fehler: Eine Website so zu gestalten, dass der User nicht versteht, was er dort machen soll. • Fehler: Eine Website so zu gestalten, dass Suchmaschinen sie nicht finden oder interpretieren können.

Wie, denkst Du, wird sich die digitale Kommunikation in Zukunft entwickeln?

Die Digitalisierung wird weiter in alle Bereiche des Lebens Einzug nehmen. Die Grenze zwischen den »echten« und den »virtuellen« Welten verschwimmt immer mehr, bzw. wird sich ganz auflösen. Digitale Kommunikation ist ubiquitär. Menschen werden in der Zukunft mit einer direkten digitalen Schnittstelle ausgeliefert ;-)

Liest Du Nachrichten im Internet oder klassisch per Tageszeitung, Fernsehen etc.?

Meistens im Internet.

Welche Websites besuchst Du regelmäßig?

Google.com als Startpunkt für Recherchen, Facebook.com um Empfehlungen meines Netzwerks zu folgen oder welche zu geben, Mashable.com um neueste Entwicklungen des Social Webs zu erfahren Amazon.com um einzukaufen