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Diskussion
Webdesign ist tot, es lebe Social Media

Diskussionsthema von Nadine Roßa, Patrick Marc Sommer und Max Lisewski

Die Ansprüche ändern sich. Komprimierte MP3s lassen dank ihrer Verfügbarkeit die hochqualitativen Angebote früherer Produktionen in Vergessenheit geraten. Die Produktion achtet inzwischen darauf, ob der Sound auf Laptops gut klingt, HiFi Qualität wird zum Nischenprodukt. Gleiches gilt für den Film: Verpixelte Youtube Schnipsel ersetzen den Film als Massenmedium, Kinofilme werden gerippt und auf winzigen Displays geschaut, die Nachfrage nach höchster Qualität ist längst nicht mehr die Regel. Gleiches gilt womöglich auch für die digitale Gestaltung: Wenn die Masse an gestalteten Medien ins unermessliche wächst und der Konsum sich gleichzeitig rasant beschleunigt, sind dann detailverliebte Leistungen wie Mikrotypografie und valider Programmiercode überhaupt noch ein Kriterium? Wer schaut noch auf’s Detail?

Der Begriff des Webdesigners hat sich über die letzten Jahre entscheidend verändert. Was zu Kinderzeiten des Internets noch die Herausforderung war, mit extremen technischen Grenzen funktionale Gestaltung zu leisten, hat sich inzwischen zu einer eigenen Industrie entwickelt, in der gestalterische und technische Fähigkeiten gleichermaßen gefragt sind. Dennoch leidet der Begriff des Webdesigners im Volksmund unter der Annahme, man würde mal eben eine »Webpage einrichten«. Unter diesem Schirm finden sich inzwischen zahlreiche Akteure, die die nötigen und allgemein zugänglichen Werkzeuge grundlegend beherrschen und Arbeiten abliefern, die einen minimalen gestalterischen und technischen Anspruch haben. Was für Profis als dilettantische Amateurarbeit belächelt wird, ist für die große Masse der Konsumenten inzwischen zum Standard geworden, der gefragt und geschätzt wird.

Hinzu kommen immer leichter nutzbare Werkzeuge und frei zugängliche gestalterische und technische Vorlagen, die es auch Amateuren erlauben, mit wenig Aufwand solide Arbeiten abzuliefern. Templates, Plugins und freie Software-Elemente werden innerhalb kurzer Zeit zu immer gleichen Websites zusammengefügt, die wenig Charakter haben, ihre Aufgabe aber meist zu Genüge erfüllen.

Social Media setzt dieser Entwicklung die Krone auf und ermöglicht auch vollends branchenfremden Menschen, sich mit Hilfe von Diensten wie Twitter, Facebook, Tumblr, WordPress oder Posterous medial zu profilieren, ohne auch nur über Gestaltung nachgedacht zu haben. Wem das nicht reicht, der kann kreative Leistung zu Spottpreisen über Stock-Libraries und Crowdsourcing-Portalen erwerben.

Wenn jedermann sich problemlos kreativ verwirklichen kann, braucht es die bezahlte Dienstleistung Webdesign dann noch? Umgekehrt gefragt: Wenn jedermann problemlos den Job des einfachen Webdesigners machen kann, lässt sich damit noch Geld verdienen?

Wo fängt geldwerte digitale Gestaltung an? Was unterscheidet einen Hobbydesigner von einem Profi? Wenn sich jeder ohne technische Hürden nach Kräften selbst auf ordentlichem Niveau profilieren kann, warum soll er dafür noch Geld bezahlen? Wenn Unternehmen sich mit Crowdsourcing-Portalen gut bedient fühlen, wer braucht noch eine teure Agentur?

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