Design made in Germany / Design Magazin


Früher oder Später - Ein Kartenspiel zur deutschen Geschichte PDF

Das Kölner Designbüro Leitwerk hat anlässlich des 60. Geburtstages der Bundesrepublik zusammen mit der Bundeszentrale für politische Bildung ein Kartenspiel heraus gegeben, das den Namen "früher oder später" trägt und sich in 61 illustrierten Ereigniskarten mit der deutsch-deutschen Geschichte auseinandersetzt. Wir haben mit Ilka Helmig und ihrem Team von Leitwerk über das Projekt gesprochen.

Fragen von Nadine Roßa

Euer Büro arbeitet seit längerem mit der Bundeszentrale für politische Bildung zusammen, für die auch das Projekt "früher oder später" entstand. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit BPB?

Wir arbeiten schon lange für Bildungsinstitutionen, unter anderem für die Bundeszentrale für politische Bildung. Die Zusammenarbeit entstand durch einen Illustrationsauftrag 1997 für eine Unterrichtspublikation. Danach haben wir bis heute an vielen Publikationen und Kommunikationsmedien mitgearbeitet. Unter anderem war das eine "Pocket"-Reihe, in der komplexe politische und gesellschaftliche Themen in Lexikonformat publiziert werden.

Wer hatte die Idee für dieses spezielle Projekt, ihr oder die BPB?

Die Idee entstand aus der Publikationsreihe "Pocket", die wir vor Jahren mit entwickelt haben. Die betreuende Redakteurin dieses Projektes, Iris Möckel, hatte den Wunsch, diese Inhalte nun in eine neue Form zu transportieren, und schlug das Kartenspielmodell vor. Dann entstand das Produkt in Zusammenarbeit, bei der auch ein Spiele-Entwickler beteiligt war.

Das Kartenspiel setzt sich mit der deutschen Geschichte anlässlich des 60. Geburtstages der Bundesrepublik auseinander. Bis 1989 war diese zweigeteilt. Im Projekt ist das so gelöst, dass fast immer abwechselnd ein ost- und ein westdeutsches Ereignis illustriert und erläutert wird. Warum habt ihr das genau so gelöst bzw. wäre eine zweigeteilte Karte für jedes Jahr bis 1989 u.U. treffender gewesen?

Das wäre zu eng geworden. So haben wir uns für die abwechselnden Motive entschieden. Wichtig war uns, dass die Aussagen klar und eindeutig sind, was auf so kleinem Format schon nicht ganz einfach war.

Wie habt ihr euch für das jeweils abgebildete Thema entschieden? War das eine Vorgabe seitens der BPB oder habt ihr einfach das für euch persönlich wichtigste Thema gewählt?

Die Redaktion der BPB schlug die Themen vor und wir diskutierten dann gemeinsam darüber. Es spielen dabei natürlich immer sehr unterschiedliche Faktoren eine Rolle, die letztendlich zu der finalen Themenauswahl führen. Grundsätzlich wurde darauf geachtet, dass es Ereignisse sind, die zum damaligen Zeitpunkt eine tragende Rolle im gesellschaftlichen und politischen Kontext gespielt haben.

Welche Karte bzw. welches Thema ist euer Lieblingsthema?

Das kann man so gar nicht beantworten. Dafür sind es zu viele Karten, die doch sehr unterschiedlich sind. Persönlich mag ich die Karten gerne, die mich an früher erinnern, eben die Ereignisse, die man als Kind schon mitbekommen hatte.

Woher stammt das Spielkonzept?

Das Spielkonzept wurde gemeinsam mit dem Spiele-Entwickler Bernard Weber und der verantwortlichen Redakteurin Iris Möckel entwickelt.

Der Illustrationsstil ist sehr erfrischend und bildet doch das jeweilige Thema sehr deutlich ab. Warum habt ihr euch für Illustrationen und nicht für Fotos entschieden?

Das hat mehrere Gründe. Wir wollten die historische Vielfalt darstellen und nicht nur ein Schlüsselbild pro Ereignis abbilden. Das funktioniert gut mit der Kollage-Ästhetik. Außerdem sollte das Spiel einen persönlicheren Charakter bekommen und nicht wie eine oft gesehene Historiendarstellung wirken.

Wer hat die Illustrationen erstellt und was war euch bei Stil und Technik so wichtig?

Die Illustratorinnen waren: Ilka Helmig / Cornelia Pistorius / Carolin Zorn (alle Leitwerk). Wir arbeiten oft illustrativ zusammen, damit ein interessanter Stilmix entsteht.

Durch die Unterschiedlichkeit entstehen schöne Zufälle und ungeplante Bildsituationen, die dem historischen Kontext etwas Beiläufiges zur Seite stellen, ohne die Geschichte zu verdrehen.

Wie ist die Resonanz auf dieses Projekt? Wisst ihr ob die Karten vielleicht sogar im Unterricht eingesetzt werden?

Die Resonanz ist sehr gut. Das Kartenspiel war bereits nach vier Wochen vergriffen. Die zweite Auflage wurde direkt danach produziert. Es ist also noch/wieder zu haben. Es gibt viele Lehrer, die diese Produkte im Unterricht einsetzen - aber auch etliche Schüler (und Studierende), die das Spiel bestellen.

Das Spiel steht als PDF auf der Seite der BPB umsonst zum Download bereit. Und auch die Kosten in Form der Bereitstellungspauschale von einem Euro sind sehr gering. Verfolgt die BPB mit diesen Projekten keine kommerziellen Interessen bzw. wie werden Projekte wie dieses finanziert?

Die BPB ist eine staatliche Bildungsinstitution. übrigens weltweit die einzige dieser Art. Sie sollte den Bürgerinnen und Bürgern nach dem Desaster des 2. Weltkrieges und allem, was dazu geführt hatte, die Möglichkeit bieten sich politisch zu informieren. Sie verfolgt in dem Sinn kein kommerzielles Interesse. Die Produkte tragen sich wirtschaftlich selber, aber sie sollen eben einen Bildungsauftrag erfüllen. Und zwar für alle. Das ist ein schöner Gegenentwurf in einer zunehmend durchökonomisierten Gesellschaft, wie wir finden.

Was ist für euch so spannend an Kultur- und Bildungsprojekten, die einen Großteil eurer Arbeit ausmachen?

Es ist der inhaltliche Rahmen. Wir haben den Luxus mit unserer Arbeit kulturelle und bildungspolitische Zusammenhänge zu kommunizieren. Das ist auch gut für den eigenen Horizont. Außerdem interessieren uns diese Themen von Haus aus. Ich bin beispielsweise als Professorin an der FH Aachen ...im Bereich der visuellen Konzeption tätig und arbeite selber auch seit vielen Jahren im Kunstkontext. Somit sind die Themen inhaltlich miteinander verknüpft, wovon wir sicher profitieren.