Design made in Germany / Design Magazin


Hamburger Philharmoniker

Mirko Borsche hat mit seinem Team die Gestaltung der Plakate und des Spielplans der Hamburger Philharmoniker für die aktuelle Saison übernommen und geht damit neue und ungewöhnliche Wege im Umgang mit Gestaltung für ein klassisches Konzerthaus. Wir haben ihn zu diesem Projekt befragt.

Interview mit Mirko Borsche

Fragen von Leif Wolkenhauer und Nadine Roßa

Ihr habt das Editorial Design für den Spielplan der Hamburger Philharmoniker entwickelt. Inwieweit wart ihr dabei frei von bereits bestehenden Designvorgaben der Philharmoniker?

In der Gestaltung hatten wir großes Vertrauen von Kundenseite und konnten ein konsequentes Konzept umsetzen.

Wie ist deine generelle Herangehensweise, wenn ihr ein Editorial Design entwickelt und wie fügst du es in die Gesamtgestaltung ein?

Zuerst versuche ich eine eigene Handschrift für das Objekt zu entwickeln, dann wird es auf seine Anwendbarkeit hin geprüft und darauf, ob es auch für die Zukunft weiter entwickelbar ist.

Ganz konkret am Beispiel der Philharmoniker Hamburg - welche Herausforderungen gab es?

Jedes Projekt hat inhaltlich neue Herausforderungen. Bei den Philharmonikern war es vor allem eine Zeitfrage. Wir hatten genau zwei Wochen für das komplette Projekt, inkl. Plakate, Spielplan und Programmhefte. Das war alles recht knapp.

Die Gestaltung bedient sich geometrischer Elemente wie Kreise, Dreiecke, Quadrate und reine Farben. Wieso spielen gerade diese Elemente die tragende Rolle in der Gestaltung?

Wir sollten mit wenigen Mitteln ein möglichst auffälliges System, das die Hausgrafiker in der Philharmonie benutzen können, entwickeln. Die Formen stammen aus dem Schifffahrts-Alphabet. Somit haben wir eine Nähe zur Hafenstadt Hamburg und zu dem bereits bestehenden Wellen-Logo der Philharmonie geschaffen.

Was steht hinter dem Bildkonzept für den Spielplan, worauf wurde bei der Motivwahl wert gelegt?

Die Bilder haben wir zusammen mit dem Fotografen Peter Langer den jeweiligen Themen zugeordnet. Wir wollten möglichst viel Gedanken-Spielraum sowie eine modernes, zeitgemäßes Gefühl für klassische Musik für den Betrachter schaffen.

Warum fiel die Wahl auf die Gill als Schrift?

Die Gill ist nicht ganz so kühl wie andere groteske Schriften (Univers, Arial, Helvetica, Trade...). Sie gibt dem strengen Erscheinungsbild eine lebendige Note, außerdem passt sie sehr gut zur Freight.

Wie ist dein persönliches Verhältnis zur Orchestrierung und der Musik der Philharmoniker - und wie viel Einfluss hatte das auf die Gestaltung?

Nur wer seinen Kunden versteht, kann richtige Lösungen für ihn finden. Also gut.???

Gibt es bestimmte Bildwelten, die in unseren Köpfen sehr fest verankert und nur schwer auszuräumen sind? Nehmen wir als Beispiel den allgemeinen Begriff der klassischen Musik. Welche Assoziationen entstehen sofort, mit welchen muss man aufräumen?

Beim Schaffen einer Bildwelt ist vor allem wichtig ein Gefühl zu transportieren und eine Geschichte erzählen zu wollen, eine eigene Bildsprache. Bei den Philharmonikern ist es eine frei assoziierte Bildwelt aus dem Alltag, umgesetzt von einem Fotografen, die die Musik im Alltag entdecken will.

Gibt es auch Klischees der klassischen Musik, die man bedienen muss/kann/will?

Nein. Und bitte nichts mit Noten, Notenlinien, Notenschlüsseln oder ähnliches!

Sind die Stücke im Spielplan ausschlaggebender für die Design-Entwicklung oder ist es das gesamte Image der Hamburger Philharmoniker?

Es geht für mich immer zuerst um einen Gesamteindruck, im nächsten Schritt natürlich auch um die einzelnen Themen.

Was würdest du dir für die Zukunft wünschen, wie mit Design umgegangen wird - sowohl von Designern selbst als auch vom Publikum, das sich daran erfreut?

Ich wünsche mir mehr solche Kunden, die verstanden haben, dass ein eigener vielleicht sogar eigenwilliger Auftritt mehr bringt als Marktforschung, die alles wieder gleich macht und verwässert. Die 90er sind vorbei, das sollten viele Firmen endlich verstehen.