Design made in Germany / Design Magazin


Interview mit Prof. Pfeiffer PDF

Fragen von Alexander Fackler und Patrick Marc Sommer


Sie waren viele Jahre Chefdesigner bei Mercedes Benz und sind u.a. für das Design der aktuellen Mercedes Modelle, für Maybach und für Smart Fortwo verantwortlich. Geben Sie uns doch ein paar Einblicke über Auto-Design. Wie geht man an das Produktdesigns eines Autos heran? Welche Einflüsse sind bei der Gestaltung eines Autos wichtig?

Das hängt natürlich sehr von den jeweiligen Gegebenheiten ab. An ein Facelifting geht man anders heran als an die Weiterentwicklung einer bestehenden Baureihe, wie z.B. der E-Klasse. Entwickelt man eine Baureihe gänzlich neu (wie z.B. damals seinerseits den CLS), setzt dies widerum ein anderes Vorgehen voraus. Dabei determiniert sich das unterschiedliche Vorgehen maßgeblich durch den Grad der gestalterischen Freiheit, der den jeweiligen Entwürfen zugrunde liegt bzw. zugrunde liegen darf.

Automobildesign unterliegt vielfältigsten Einflüssen. Die Palette reicht von gesellschaftlichen Trends (z.B. ein gesteigertes Ökologiebewusstsein) bis hin zu neuen technischen Möglichkeiten (z.B. neuartige LED-Leuchtmittel) oder Materialien (z.B. neuartige Kunststoffe). Darüber hinaus hat man im Automobilbau noch die Besonderheit der gesetzgeberischen Vorgaben. Das Automobil dürfte zu den mit am stärksten regulierten Produkten der Welt zählen.

Die Entwicklung eines Autos dauert ja mehrere Jahre - ein relativ langer Zeitraum. Wie schafft man es, die Trends der Zukunft vorauszusehen?

Voraussehen kann man das leider nicht. Man kann lediglich versuchen, die relevanten Trends rechtzeitig zu antizipieren bzw. sie selber zu setzen. Wobei letzteres selbstverständlich nur bedingt möglich ist. Im Rahmen der Trendexploration arbeitet man mit möglichst interdisziplinären Teams. Je größer die Vielfalt dieser Teams ist, desto valider bzw. robuster werden die entwickelten Zukunftszenarien. Auf Basis dieser Szenarien werden dann schließlich die Produkte entwickelt bzw. designed.

Was war für Sie die spannendste oder reizvollste Aufgabe als Chefdesigner bei Mercedes Benz?

Diese Frage lässt sich nicht singulär beantworten. Für eine der wertvollsten Marken der Welt zu arbeiten, ist für sich genommen schon eine unheimlich spannende Aufgabe. Das Unternehmen verfügt über eine Produktpalette von einzigartiger Tradition und hat unzählige Klassiker des Automobilbaus hervorgebracht. Dieser historischen Kette neue Glieder hinzuzufügen ist eine der spannendsten Aufgaben der Welt. Nehmen Sie nur mal die Baureihe des SL. In dieser Baureihe sind bis heute alle Modelle über die Zeit zu automobilen Legenden erwachsen. Was könnte es faszinierenderes geben, als eines dieser Modelle entworfen und verantwortet zu haben?

Darüber hinaus ist es natürlich eine unheimlich spannende Aufgabe, der Tradition des Unternehmens neue Elemente in Form von neuen Baureihen hinzuzufügen (z.B. den CLS). Ja, wenn ich es mir so recht überlege, empfand ich dies immer am spannendsten.

Wie muss ein gutes Logo/eine gute Bildmarke aussehen?

Pauschal lässt sich das nur sehr schwer beantworten, da die Kriterien je nach Einsatzzweck und Zielgruppe unterschiedlich zu beurteilen sind. Eine gute (Wort-)/Bildmarke für ein traditionsreiches Unternehmen aus dem Finanzsektor folgt sicherlich anderen Regeln als ein Logo für eine Aktionskampagne eines Telekommunikationsanbieters. Aus meiner Sicht sollte man die Beurteilung anhand zweier Faktoren treffen: Der inhaltlichen und der formalen Umsetzung. Themen wie Tradition und Historie eines Unternehmens spielen ebenso eine Rolle wie die zukünftige Ausrichtung (z.B. aufgrund einer Restrukturierung), das Tätigkeitsfeld oder die Zielgruppe. Zu den formalen Aspekten zähle ich die ästhetische Ausarbeitung bzgl. Aufbau, Formensprache und Typographie genauso wie die universelle Einsetzbarkeit in allen Medien aufgrund ihrer speziellen technischen Anforderungen.

Was sind für Sie gute Bildmarken? Können Sie ein paar Beispiele nennen?

Eine herausragende Wort-/Bildmarke ist sicherlich das "Deutsche Bank"-Logo. Seit inzwischen ziemlich genau 35 Jahren besticht es durch seine Reduktion auf das Wesentliche. Damit wird es unverwechselbar, zeitlos und nahezu unbegrenzt anwendbar - trotz der rasanten technischen Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten. Auch die inhaltliche Aussage - kontinuierliches, dynamisches Wachstum in einem sicheren Markt, symbolisiert durch den Schrägstrich im Quadrat - ist aus meiner Sicht stimmig und aufgrund der Unternehmenswerte nach wie vor passend.

Wann muss eine Bildmarke überarbeitet werden? Gibt es spezielle Anzeichen? Einige Logos werden ja alle paar Jahre überarbeitet, einige bleiben sehr konstant.

Neben den faktischen Gründen, wie Restrukturierungen oder Neupositionierungen von Unternehmen aufgrund von Fusionen oder Zu- und Verkäufen wichtiger Unternehmensteile, gibt es noch äußere Einflüsse, wie die Veränderung des Marktes oder dem Zeitgeschmack. Traditionelle Marken stehen für Beständigkeit und sollten wegen des hohen Wiedererkennungseffektes nur sehr behutsam überarbeitet werden. Wer zu oft und zu viel ändert, gerät in die Gefahr, beliebig zu werden.

Was raten Sie Studenten und jungen Kreativen, die sich mit dem Thema CI beschäftigen?

Verliert nicht eure Neugier. Beobachtet eure Umwelt, die beste Inspiration liegt oft ganz nah.

Was war der Grund dafür, mit einer neuen Agentur noch einmal "ganz von vorne" anzufangen?

Ich sehe das nicht als Neuanfang, vielmehr sehe ich es als konsequente Weiterentwicklung. Während meiner gesamten beruflichen Laufbahn durfte ich in großen Unternehmen an so vielen aufregenden und spannenden Projekten teilhaben, dass ich mich jetzt darauf freue, in kleinerem Rahmen junge Talente zu fördern und mein Wissen und meine Erfahrung an meine Mitarbeiter weiter zu geben. Darüber hinaus ist es natürlich unheimlich spannend, nach so langer Zeit im Automobilbau noch mal für andere Kunden und Produkte tätig zu werden.

Gibt es bestimmte Herangehensweise an Projekte, die typisch ist für Ihre Arbeit? Wie würden Sie Ihre Arbeitsweise beschreiben?

Wir haben hierzu in unserer Agentur eine ganz klare Prämisse: Bei der Strategie beginnt alles. Eine solide Strategie muss das Fundament jeglicher Kreation bilden. Dabei hat die Strategie bei uns ganz viele Facetten. Das beginnt bei der grundsätzlichen Markenarchitektur und reicht bis zur Berechnung des Deckungsbeitrages auf Produktebene, um das verfügbare Budget auch an der richtigen Stelle einzusetzen.

Dieses strategische Fundament steckt für uns das gestalterische Feld ab. Auf diesem entwickeln wir unsere Ideen und Gestaltungsansätze. Unabhängig, ob es sich um Produkt- oder um Kommunikationsdesign handelt. Wir gestalten nach der jeweiligen Anforderung und sichern so unseren Kunden höchste Designqualität zu. Die von uns entwickelten Designkonzepte und Designs werden von uns selbstverständlich auch realisiert. Unabhängig ob es sich um eine Homepage handelt oder ein Logo, welches in einem CI-Guide dokumentiert wird. Der Kunde erhält von uns am Ende ein fertig einsetzbares Produkt. Und dabei machen wir zwischen einer Visitenkarte und einer internationalen Logoüberarbeitung mit Adaption auf unzählige Medien keinen Unterschied.

Für welchen Kunden würden Sie gerne einmal arbeiten? Warum?

Da gibt es nicht den einen Kunden. Mit etablierten großen Konzernen zusammenzuarbeiten ist genauso spannend, wie mit kleinen Start-ups. Es kommt immer auf die Aufgabe an!