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Die Sonne im Herzen

Ein ungewöhnliches Kommunikationskonzept

Piktogramme sind Bestandteil des visuellen Weltbildes geworden. Jeder kennt sie und trifft sie täglich: an der Toilettentür im Büro, auf Bahnhöfen, Flughäfen, auf Autobahnschildern. Man könnte also meinen, dieses Prinzip hätte sich abgenutzt und bietet wegen seiner weiten Verbreitung kaum noch Überraschungspotential. Dass dem nicht so ist, zeigt die Website der Berliner Heilpraktikerin Daniela Lerchner, gestaltet von Thomas Manss & Company. Sie erweitert diese Piktogramme um einen ironischen Anteil und so ist eine kleine aber sehr unterhaltsame Website entstanden. Wir haben Jeannette Weber, Designerin bei Thomas Manss & Company zum Interview gebeten.


Die Website für die Pädagogin und Heilpraktikerin Daniela Lerchner ist eher ungewöhnlich. Stockmaterial fehlt, dafür gibt es ein witziges und unterhaltsames Piktogramm-Konzept. Mit welchem Briefing kam die Kundin Daniela Lerchner auf euch zu?

Daniela Lerchner bat uns um die Entwicklung eines Kommunikationskonzeptes und Erscheinungsbildes. Als sie uns beauftragte, konnte Sie bereits davon ausgehen, dass wir die unter Heilpraktikern üblichen Klischees vermeiden würden. Die bei unserer Recherche vorgefundenen Erscheinungsbilder ihrer Fachkollegen waren entweder zu esoterisch, zu klinisch oder einfach austauschbar.

In einem gemeinsamen Workshop versuchten wir herauszuarbeiten, was Frau Lerchner von ihren MitbewerberInnen unterscheidet und welche Zielgruppen bisher von Heilpraktikern vernachlässigt werden. Es war das erklärte Ziel eine eigenständige Sprache für die Visualisierung zu finden, die sich deutlich vom Wettbewerb abhebt.
Dabei kam der Einsatz anonymer Fotografien aus Stockarchiven nicht in Frage.

Die aus Leitsystemen bekannten Personen-Piktogramme bilden das zentrale visuelle Element. Zunächst scheint es so, als kenne man alle diese Abbildungen, erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass der Kontext in dem sie stehen ein anderer ist. Wie kam es zu dieser Idee?

Das Konzept war nicht, glückliche Menschen abzubilden, sondern die Patienten bei ihren Problemen mit einem Schuss Humor abzuholen. Die vertrauten Piktogramme sind die Basis für einen grafischen Witz, der dem Therapieangebot Aufmerksamkeit verschafft und dem Betrachter ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Wie viele Grafiken habt ihr erstellt und welche Themen bilden sie jeweils ab?

Insgesamt entstanden 12 Illustrationen – einige zu allgemeineren Problemen wie Stress und Pessimismus, andere zu spezielleren wie Ideenlosigkeit, Genussmittelüberdruss, Unlust oder Selbstzweifel. Bei Bedarf können weitere Piktogramme hinzukommen, die beispielsweise auf saisonale Sorgen wie Winterdepression Bezug nehmen.

Das Farbkonzept arbeitet mit auffälligen und satten Farben, die sich abwechseln. Auf welchem Prinzip beruht das Farbkonzept?

Farbe macht Spaß, genau wie Daniela Lerchners Therapien. Wer Arbeiten von Thomas Manss & Company kennt, weiß dass wir – so denn angemessen – alles andere als farbscheu sind.



Wie ist das Designprinzip auf das ganze Corporate Design zu erweitern, z.B. auf Logo, Visitenkarten usw. Ist das in Planung?

Zunächst haben wir uns auf die Medien fokussiert, die wir als für Frau Lerchner relevant identifizierten: Die Website, die der gestresste Manager mit seinem PC und die unkonzentrierte Studentin mit ihrem iPad besuchen kann; und Postkarten, die in einem 3 km-Radius um das Praxisgebiet von Frau Lerchner verteilt werden.

Eines zusätzlichen Bildzeichens bedarf es nicht. Ein solches würde mit den Illustrationen konkurrieren, die medienübergreifend einsetzbar und für Daniela Lerchner bereits stark identitätsstiftend sind. Elemente und Abwandlungen der Illustrationen tauchen zudem andernorts auf: Die Rückseite ihrer Visitenkarte zeigt das Piktogramm einer Dame mit einer strahlenden Sonne an Stelle des Herzens. Das Favicon der Website währenddessen zeigt nur jene Sonne. Ein aufmerksamer Klient begegnet also diversen Fragmenten des Erscheinungsbildes, beginnt sie gedanklich zusammenzusetzen oder gar die einzelnen Postkartenmotive beim Einkauf im Bioladen zu sammeln.

Wie reagieren Nutzer und potentielle Patienten bzw. Klienten auf das ungewöhnliche Gestaltungsprinzip? Fühlen Sie sich ernst genommen?

Wir glauben, dass potentielle Patienten mit dieser Ansprache gar ernster genommen werden. Die Illustrationen bieten einen einfacheren Zugang als jede Abbildung eines 4-armigen hinduistischen Elefantenmenschen oder chiffrierte fernöstliche Zeichen.

Eine erfreute Reaktion auf die Piktogramme nimmt im besten Fall das vorweg was die Therapie letztlich bewirken soll: eine Verbesserung des Wohlbefindens.


Das Interview führte Nadine Roßa