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Andreas Jacobs über Querdenken und Organisation

Nichts ist für Designer schlimmer als die »Angst vor dem leeren Blatt«, die Ideenlosigkeit, die nicht nur verängstigt sondern auch hemmt. Querdenken heißt hier die Antwort und Andreas Jacobs erzählt uns als »Ideenverstärker« wie das funktioniert.

Bitte stelle dich und deine Arbeit kurz vor. Wie würdest du deinen Beruf beschreiben?

»Ich bin Ideenverstärker« antworte ich gerne auf die Frage nach meinem Beruf und provoziere damit gleich die nächste Frage. »Und was macht ein Ideenverstärker?«. Das ist dann oft der Beginn eines langen Gespräches über Kreativität. Und genau das tue ich am liebsten: gemeinsam mit anderen querdenken.

Was heißt für dich Querdenken? Was ist der Unterschied zu »normalem« Denken und warum ist das vor allem für Designer und Kreative so wichtig?

Dazu muss ich kurz erklären, wie unser Gehirn funktioniert. Die linke und rechte Gehirnhälfte arbeitet sehr gegensätzlich. Die logische linke Hälfte konzentriert die Gedanken auf das Detail. Sie kennt nur »Ja« oder »Nein« als Antwort. Die emotionale rechte Hälfte vernetzt die Gedanken in alle Richtungen. Für sie ist immer ein »sowohl, als auch« möglich. Unsere Gehirnhälften lassen sich gut mit Ernie und Bert vergleichen. Dank Schule, Ausbildung und Studium haben wir einen perfekt trainierten Bert im Kopf. Bert steht für das »normale« Denken. Für Gedanken, die von der Norm abweichen sollen, ist aber unser Ernie im Kopf gefragt. Leider kommt der in unserem Bildungssystem viel zu kurz.

Vielen Designern fällt es schwer ihre Gedanken zu strukturieren und zu ordnen. Du hast dafür ein Prinzip entwickelt, dass du »Braingrids« nennst und das helfen kann, die Gedanken im Kopf zu strukturieren. Wie funktioniert dieses Prinzip?

Am Anfang der Ideenfindung spinnt die rechte Gehirnhälfte die Gedanken gleichzeitig in alle Richtungen. Die linke Gehirnhälfte stört mit Ihrem Wunsch nach Struktur und Ordnung diesen Ideenfluss. Darum unterdrücken viele Kreative diese Funktion. Wir helfen unserem Gehirn, indem wir die Struktur und Ordnung auf ein Blatt Papier auslagern. »Braingrids« sind Raster, die es dem Gehirn erlauben, sich sowohl auf die Details zu konzentrieren, als auch das Ganze im Blick zu behalten.

Funktioniert diese Arbeitsweise für alle Designer? Oder ist es vielleicht sogar eine Frage der Persönlichkeit mit »kreativem Chaos« umzugehen? sprich: Braucht vielleicht gar nicht jeder ein Ordnungssystem für Gedanken?

Ein Ordnungssystem ist wichtig, um Raum für freie Gedanken zu schaffen. Das Prinzip hinter »Braingrids« gilt für alle. Die Methoden dienen aber nur als Inspiration für die eigene Arbeitsweise. Jeder muss sein eigenes System entwickeln, ein System, welches zum persönlichen Rhythmus passt. Wer sich dafür Zeit nimmt, stärkt seine kreative Persönlichkeit. Und große Ideen brauchen eine starke Persönlichkeit.

Die größte Angst vor allem junger Designer ist die Angst vor dem berühmten »weißen Blatt Papier«, der Ideenlosigkeit. Was rätst du, um diesen schwierigen ersten Schritt zu überwinden.

Hör auf darüber nachzudenken und fang einfach an. Dabei ist es fast egal, was Du machst, Hauptsache Du machst. Ich selbst beginne jedes Projekt mit einem Sammelbuch. Darin sammele ich Bilder, Gedanken, Zitate, erste Ideen, usw. Ich visualisiere einfach alles, was meine Aufmerksamkeit weckt. Im zweiten Schritt brauche ich das Ganze nur noch neu zu verknüpfen und die Details nach und nach auszuarbeiten.

Was ist deiner Meinung nach der Tod jeglicher Kreativität?

Angst. Angst ist der größte Kreativitätskiller. Dabei ist Angst immer nur eine Zukunftsvermutung, die auf persönlichen Erfahrungen aus der Vergangenheit basiert. Ich glaube jedoch, dass in der Zukunft alles möglich ist. Es ist immer nur eine Frage der richtigen Idee. Das beste Mittel gegen Angst ist übrigens Spaß. Mir macht es unheimlich viel Spaß, Regeln zu brechen, das Thema zu verfehlen und von meinen persönlichen Katastrophen zu erzählen.

Gibt es so etwas wie die perfekte Umgebung, den perfekten Rahmen für kreative Ideenfindung?

Wenn wir uns entspannen, dann kommen die Ideen von ganz alleine. Das Badezimmer, das Bett oder die freie Natur sind für die meisten sehr kreative Orte. Kaum jemand hat jedoch am Arbeitsplatz Zeit und Raum für geniale Ideen. Und da empfehle ich jedem, alte Gewohnheiten abzulegen, um sich neue anzueignen. Ich selbst habe mir jetzt einen perfekten Rahmen geschaffen und eröffne im November 2011 mein neues Atelier: Die kaiserliche Anstalt. Mit allem, was für mich zu einer inspirierenden Umgebung gehört.

Glaubst du, dass man kreativ sein wirklich trainieren kann?

Auf jeden Fall. Ich trainiere täglich meine Kreativität. Indem ich viel darüber lese, mich mit kreativen Menschen umgebe, davon erzähle, zuhöre, Inspirationen sammele und immer Neues ausprobiere. Es fällt mir von Tag zu Tag leichter meine eingetreten Denkpfade zu verlassen, um mir schneller und effektiver meine Träume zu verwirklichen.

http://www.kaiserlicheanstalt.de
http://www.andreasjacobs.de

Über Andreas Jabobs

Wie man Ideen einen visuellen Kick gibt, hat Andreas Jacobs an der Hochschule für bildende Künste in Braunschweig studiert. Nach seinem Studium hat er eine Design-Agentur gegründet und zehn Jahre als Kreativer Kopf geleitet.

Heute konzentriert sich Andreas Jacobs als Redner und Berater voll und ganz auf den systemischen Prozess der Ideenfindung. In seinen Vorträgen, Ideenseminaren und Workshops begeistert er sein Publikum fürs »Querdenken«. Andreas Jacobs ist Vorstandsvorsitzender der Allianz deutscher Designer, Deutschlands größtem Designerverband. Andreas Jacobs arbeitet und lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern an der Nordsee in Wilhelmshaven.

Das Interview führte Nadine Roßa.

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