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Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Chaos, Ordnung und dem was dazwischen geschieht. Mit Hilfe einer Sammlung von literarischen, wissenschaftlichen und journalistischen Texten macht die Publikation auf die Rolle von Chaos und Ordnung im Alltag, sowie auf deren ästhetische und philosophische Kraft aufmerksam, und regt den Betrachter zum Nachdenken über die Themen an. Die besondere Herausforderung ist, die gegensätzlichen und vielschichtigen Themen in einer Publikation zu vereinen.
Die Idee basiert auf der Visualisierung einer Flussströmung. In einem Fluss kann man sowohl Chaos als auch Ordnung beobachten. Wenn er geradlinig und ohne Störung fließt, ist er sehr geordnet. Aber sobald die Strömung gestört wird, beispielsweise durch einen Stein der im Fluss liegt, entstehen chaotisch verwirbelte Bereiche, kurz: Turbulenzen. Bei der Publikation werden die Stromlinien eines solchen Flusses zum Träger für die Inhalte. Da ein Fluss in der Regel nicht unterbrochen sondern fortlaufend ist, ist die Publikation auf einen durchgängigen Bogen gedruckt, der durch Leporellofalz wieder zu einem handlichen Format schrumpft. Der gesamte Druckbogen ist 47 cm hoch und 8,70 Meter breit.
Die Umsetzung: Zunächst wurden 42 »Steine«, repräsentiert durch weiße Kreise, zufällig auf der Gestaltungsfläche verteilt. Die Visualisierung der Stromlinien entstand durch eine speziell für die Publikation in Processing entwickelte Flüssigkeitssimulation. Die simulierte Flüssigkeit umfließt die Steine, die geradlinige Strömung bricht und bildet dabei Turbulenzen. Die Anzahl und der Abstand der Steine nehmen von Beginn zu Ende der Publikation stetig ab. So entsteht ein Verlauf von einem sehr turbulenten Bereich zu einem sehr geordneten Abschnitt, dem sowohl die Inhalte als auch die Typografie folgen. Umso mehr Steine vorhanden sind, desto mehr Turbulenzen zeigen die Stromlinien, desto kontrastreicher und freier ist die Typografie und desto stärker beschäftigen sich die Inhalte mit dem Thema Chaos. Umso weniger Steine vorhanden sind, desto geradliniger sind die Stromlinien, desto klarer ist die Schrift strukturiert und desto stärker ist das Thema Ordnung vertreten. Schließlich zeigt sich eine klaren Hierarchie der Gestaltungselemente: die »Steine« bilden die erste Ebene, die Flüssigkeit fließt um sie herum und bildet die Stromlinien. Der Stil der Typografie folgt schließlich den Stromlinien und bilden die oberste Gestaltungsebene. Die darauf liegende Inhaltsebene entspricht dem typografischen Stil und folgt ebenfalls den Stromlinien.
Die Rückseite der Publikation gibt einen kurze Einblick »hinter die Kulissen«. Der gesamte Programmcode der Flüssigkeitssimulation ist hier abgedruckt, zusammen mit einer kurzen Beschreibung mathematischer Hintergründe. In der Mitte jedes »Steins« ist ein Loch gestanzt. Dieses ermöglicht es, einen Blick auf den Programmcode von der Vorderseite aus zu erhaschen und weist somit auf die Inhalte der Rückseite hin. Der Einblick erinnert gleichzeitig daran, dass die turbulenten Stromlinien von einem Programm generiert worden sind, das strengen mathematischen Regeln folgt.
Entstanden als Abschlussarbeit im Studiengang Kommunikationsdesign an der Hochschule Augsburg, Betreut durch Prof. Stefan Bufler und Prof. Kai Bergmann.
Felix Reichle
http://www.rchl.de