Die Künstlersozialkasse (KSK) ist in Designerkreisen ein echter Dauerbrenner. Weil sie für einen Teil der selbständigen Kreativen eine notwendige Entlastungsmöglichkeit bei der Krankenversicherung und Altersvorsorge ist, denn der Preisdruck auf dem Markt lässt sich auf ihrem Konto ablesen. Und für andere Designer ist sie Konfliktpotential oder -anlass in Kundenbeziehungen ist. Für manche ist sie sogar beides gleichzeitig. So kommt es, dass man meist entweder dafür oder dagegen ist oder gerne dafür wäre, wenn nicht einiges dagegen spräche. Vielleicht auch umgekehrt.

Für die Unentschlossenen und alle, die noch ein paar Argumente für ihre bereits gefundene Position suchen, hier eine kleine Handreichung:

In die Pflicht genommen. Oder: „Ich weiß nicht, wie ich meinen Kunden die KSK ‚verkaufen’ soll!“

Die Künstlersozialversicherung ist eine seit 1983 bestehende Pflichtversicherung für freischaffende Künstler und Publizisten, darunter fallen auch einige Designfachbereiche. Die KSK kombiniert Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und funktioniert ähnlich dem Solidarprinzip für Angestellte: die erste Hälfte des Beitrags leisten die Versicherten, die andere Hälfte teilen sich im Verhältnis 2 zu 3 der Staat sowie die Auftraggeber/Käufer/Verwerter (Agenturen, Galeristen, Konzertveranstalter, Zeitungsverlage u.v.m. – Privatpersonen sind ausdrücklich ausgenommen). Der Beitrag der Kunden heißt Künstlersozialabgabe (KSA), wird mit einem einmal pro Jahr auszufüllenden Formblatt erledigt und liegt derzeit bei zu entrichtenden 4,1% des Netto-Rechnungsbetrags. Die KSA wird jährlich dem tatsächlichen Finanzierungsbedarf für die Versicherungsleistungen und die kleine Wilhelmshavener Verwaltungseinheit angepasst. Der Staat beteiligt sich, weil es einen Anteil an Verwertern gibt, der von der kleinen Verwaltungseinheit „Künstlersozialkasse“ – rund 220 Mitarbeiter betreuen in Wilhelmshaven 177.000 Versicherte und 153.000 abgabepflichtige Unternehmen – nicht erfasst oder ermittelt werden kann. Diese Tatsache sollte nicht zu Lasten der Abgabeleistenden gehen, es war unterm Strich günstiger, einen Teil der Kosten zu übernehmen, als einen großen Verwaltungs- und Prüfapparat ins Leben zu rufen. Um zu verhindern, dass Kunden ihre Aufträge davon abhängig machen, ob die Designer KSK-Mitglied sind, wurde die Abgabepflicht der Auftraggeber zu einer generellen Pflicht erklärt. So ist die KSA auf alle Leistungen aller selbstständigen Designer, deren Berufsbild im KSK-Künstlerkatalog verzeichnet ist, zu entrichten.

Das Prinzip der KSK ist ungewöhnlich und war in der Designerwelt lange kaum bekannt. Ganz anders sieht es bei Schauspielern, Musikerinnen und freien Journalisten aus – dort ist die KSK und die Pflicht der Künstlersozialabgabe (KSA) für die Verwerter Alltag.

Deswegen ist „die KSK“ für Auftraggeber von Designleistungen, gerade Endkunden aus der freien Wirtschaft, hinweis- und erklärungsbedürftig. Eigentlich ist der Hinweis auf sie ein Job für Steuerberater, die sich ja auch um Lohnbuchhaltung oder Knappschaftsanmeldung von Minijobbern bei ihren Klienten kümmern. Oder für IHKen und andere Stellen, die Existenzgründungen begleiten und ihre Mitglieder regelmäßig mit den relevanten Informationen zur guten Unternehmensführung versorgen.

Eine Pflicht zur Information, eine Bringschuld also, besteht für Designerinnen und Designer nicht. Ein Hinweis zur passenden Zeit kann vertrauensbildend wirken. Ungefähr so, wie die rückversichernde Frage „Das Bild, das Sie mir für das Plakat geschickt haben – dafür haben Sie doch die entsprechende Nutzungslizenz vom Fotografen oder der Stock-Plattform?“. Der Job des Designers hat viele Berührungspunkte mit fachfremden Themen, in denen man ein gewisses Grundwissen benötigt, aber dann umso entspannter an die Fachleute weitergibt: Offset-Druck, App-Programmierung, Vertragsrecht, Umsatzsteuersätze, Künstlersozialkasse …

Der ganz große Rahmen. Oder „Die KSK gehört abgeschafft / wird abgeschafft / könnte abgeschafft werden.“

In den letzten Jahren ist die Künstlersozialversicherung verstärkt in den öffentlichen Fokus geraten. Das erste Mal nach dem 15. Juni 2007, ab dem die Deutsche Rentenversicherung (DRV) durch eine Gesetzesänderung im KSVG die Prüfaufgaben der KSK übertragen bekam. Ziel war „eine möglichst vollständige Erfassung und Überprüfung aller abgabepflichtigen Unternehmen“ (1). Die DRV prüft im regelmäßigen Turnus von 4 Jahren alle Betriebe und Unternehmen vor Ort, 2013 waren es 400.000 Betriebsprüfungen. Zwischen 2008 und 2011 prüfte sie auf dem Postweg 70.000 Unternehmen jährlich. Dabei wurden viele Unternehmen erstmals mit ihrer Pflichtversäumnis konfrontiert, in die Erfassung der KSK übermittelt und wie gesetzlich vorgesehen, maximal fünf Jahre rückwirkend in die Pflicht genommen.

2012 jedoch hat die DRV die ohnehin unvollständige Prüfung der Betriebe auf KSA-Pflicht auf 25.000 Prüfvorgänge pro Jahr reduziert, also 1,5% der rund 1,6 Millionen Unternehmen in Deutschland. (Die flächendeckende Erstprüfung würde in diesem Tempo noch rund 53 Jahre dauern.) Seitdem wird erneut, wie schon direkt nach der Novelle 2007, darüber diskutiert und gefordert, die KSK ganz abzuschaffen. Auch wenn es noch nie in der Geschichte der KSK eine bessere Erfassung und Pflichterfüllung durch die Verwerter gab, als durch die bisherige DRV-Prüfung geschaffen.

Damit die DRV die KSK-Prüfung zu einem festen Bestandteil ihrer regelmäßigen Betriebsprüfungen macht und somit zügig und in Zukunft alle Unternehmen im Abstand von vier Jahren erfasst und erinnert werden, dafür hatte die Bundesregierung im Rahmen eines Gesetzentwurfs bereits entsprechende Klarstellung und Definition ins Gesetz schreiben wollen. Die Empfehlung des Ausschusses für Soziales und Arbeit vom 6. Juni 2013 war eindeutig, doch der Wirtschaftsausschuss unter Federführung der schwarz-gelben Koalition hat kurz vor der Verabschiedung des Gesamtpakets genau diesen Absatz aus der Entscheidung herausnehmen lassen.

Angesichts dieser Entwicklung hat der Deutsche Tonkünstlerverband kurzfristig eine Petition ins Leben gerufen, die die dauerhafte Aufnahme der KSVG-Abfrage in die ohnehin regelmäßigen, vierjährlichen Betriebsprüfungen der deutschen Rentenversicherung per Gesetz anstrebt. Petitionen an den Bundestag können nur einmal zu einem bestimmten Thema gestellt werden.

Deswegen unterstützt die Allianz deutscher Designer (AGD) die Kollegen vom Tonkünstlerverband und bittet selbständige Designer und auch alle anderen Künstler und Publizisten, sowie ihre Kunden oder Auftraggeber um Beachtung und bestenfalls Beteiligung bis zum 6. August 2013: Petition 43188

Die regelmäßige und flächendeckende Prüfung würde den Dauerbrenner KSK von der Gerechtigkeitsdiskussion und -problematik erlösen. Der Steuerzuschuss könnte abgebaut werden und auch die Verwerter würden nach Schätzung der KSK noch einmal ähnlich signifikant entlastet, wie nach den ersten intensiveren Prüfjahren ab 2008. Damals sank die Künstlersozialabgabe um rund ein Drittel.

Die Abschaffung der KSK würde sich in einem anderen „Nullsummendrehkreuz“ auswirken: bei einem Teil der Künstlerinnen und Kreativen stiegen die Vergütungen und Honorare um die dann komplett selbst finanzierte Krankheits- und Altersvorsorge, der andere Teil „spart“ den Auftraggebern den Kostenanteil für eine Altersvorsorge und liegt der Gesellschaft später aufgrund von Altersarmut auf der Tasche. Und das wäre dann doch eine sehr bittere Pille für Deutschland, Land der Dichter und Denker, dessen Produkte und Marken von herausragendem Design geprägt und getragen sind.

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Einmal KSK und zurück: Die wichtigsten Fakten zur Künstlersozialkasse

Die Künstlersozialkasse (KSK) ist in Designerkreisen ein echter Dauerbrenner. Weil sie für einen Teil der selbständigen Kreativen eine notwendige Entlastungsmöglichkeit bei der Krankenversicherung und Altersvorsorge ist, denn der Preisdruck auf dem Markt lässt sich auf ihrem Konto ablesen. Und für andere Designer ist sie Konfliktpotential oder -anlass in Kundenbeziehungen ist. Für manche ist sie sogar beides gleichzeitig. So kommt es, dass man meist entweder dafür oder dagegen ist oder gerne dafür wäre, wenn nicht einiges dagegen spräche. Vielleicht auch umgekehrt.

Für die Unentschlossenen und alle, die noch ein paar Argumente für ihre bereits gefundene Position suchen, hier eine kleine Handreichung:

In die Pflicht genommen. Oder: „Ich weiß nicht, wie ich meinen Kunden die KSK ‚verkaufen’ soll!“

Die Künstlersozialversicherung ist eine seit 1983 bestehende Pflichtversicherung für freischaffende Künstler und Publizisten, darunter fallen auch einige Designfachbereiche. Die KSK kombiniert Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und funktioniert ähnlich dem Solidarprinzip für Angestellte: die erste Hälfte des Beitrags leisten die Versicherten, die andere Hälfte teilen sich im Verhältnis 2 zu 3 der Staat sowie die Auftraggeber/Käufer/Verwerter (Agenturen, Galeristen, Konzertveranstalter, Zeitungsverlage u.v.m. – Privatpersonen sind ausdrücklich ausgenommen). Der Beitrag der Kunden heißt Künstlersozialabgabe (KSA), wird mit einem einmal pro Jahr auszufüllenden Formblatt erledigt und liegt derzeit bei zu entrichtenden 4,1% des Netto-Rechnungsbetrags. Die KSA wird jährlich dem tatsächlichen Finanzierungsbedarf für die Versicherungsleistungen und die kleine Wilhelmshavener Verwaltungseinheit angepasst. Der Staat beteiligt sich, weil es einen Anteil an Verwertern gibt, der von der kleinen Verwaltungseinheit „Künstlersozialkasse“ – rund 220 Mitarbeiter betreuen in Wilhelmshaven 177.000 Versicherte und 153.000 abgabepflichtige Unternehmen – nicht erfasst oder ermittelt werden kann. Diese Tatsache sollte nicht zu Lasten der Abgabeleistenden gehen, es war unterm Strich günstiger, einen Teil der Kosten zu übernehmen, als einen großen Verwaltungs- und Prüfapparat ins Leben zu rufen. Um zu verhindern, dass Kunden ihre Aufträge davon abhängig machen, ob die Designer KSK-Mitglied sind, wurde die Abgabepflicht der Auftraggeber zu einer generellen Pflicht erklärt. So ist die KSA auf alle Leistungen aller selbstständigen Designer, deren Berufsbild im KSK-Künstlerkatalog verzeichnet ist, zu entrichten.

Das Prinzip der KSK ist ungewöhnlich und war in der Designerwelt lange kaum bekannt. Ganz anders sieht es bei Schauspielern, Musikerinnen und freien Journalisten aus – dort ist die KSK und die Pflicht der Künstlersozialabgabe (KSA) für die Verwerter Alltag.

Deswegen ist „die KSK“ für Auftraggeber von Designleistungen, gerade Endkunden aus der freien Wirtschaft, hinweis- und erklärungsbedürftig. Eigentlich ist der Hinweis auf sie ein Job für Steuerberater, die sich ja auch um Lohnbuchhaltung oder Knappschaftsanmeldung von Minijobbern bei ihren Klienten kümmern. Oder für IHKen und andere Stellen, die Existenzgründungen begleiten und ihre Mitglieder regelmäßig mit den relevanten Informationen zur guten Unternehmensführung versorgen.

Eine Pflicht zur Information, eine Bringschuld also, besteht für Designerinnen und Designer nicht. Ein Hinweis zur passenden Zeit kann vertrauensbildend wirken. Ungefähr so, wie die rückversichernde Frage „Das Bild, das Sie mir für das Plakat geschickt haben – dafür haben Sie doch die entsprechende Nutzungslizenz vom Fotografen oder der Stock-Plattform?“. Der Job des Designers hat viele Berührungspunkte mit fachfremden Themen, in denen man ein gewisses Grundwissen benötigt, aber dann umso entspannter an die Fachleute weitergibt: Offset-Druck, App-Programmierung, Vertragsrecht, Umsatzsteuersätze, Künstlersozialkasse …

Der ganz große Rahmen. Oder „Die KSK gehört abgeschafft / wird abgeschafft / könnte abgeschafft werden.“

In den letzten Jahren ist die Künstlersozialversicherung verstärkt in den öffentlichen Fokus geraten. Das erste Mal nach dem 15. Juni 2007, ab dem die Deutsche Rentenversicherung (DRV) durch eine Gesetzesänderung im KSVG die Prüfaufgaben der KSK übertragen bekam. Ziel war „eine möglichst vollständige Erfassung und Überprüfung aller abgabepflichtigen Unternehmen“ (1). Die DRV prüft im regelmäßigen Turnus von 4 Jahren alle Betriebe und Unternehmen vor Ort, 2013 waren es 400.000 Betriebsprüfungen. Zwischen 2008 und 2011 prüfte sie auf dem Postweg 70.000 Unternehmen jährlich. Dabei wurden viele Unternehmen erstmals mit ihrer Pflichtversäumnis konfrontiert, in die Erfassung der KSK übermittelt und wie gesetzlich vorgesehen, maximal fünf Jahre rückwirkend in die Pflicht genommen.

2012 jedoch hat die DRV die ohnehin unvollständige Prüfung der Betriebe auf KSA-Pflicht auf 25.000 Prüfvorgänge pro Jahr reduziert, also 1,5% der rund 1,6 Millionen Unternehmen in Deutschland. (Die flächendeckende Erstprüfung würde in diesem Tempo noch rund 53 Jahre dauern.) Seitdem wird erneut, wie schon direkt nach der Novelle 2007, darüber diskutiert und gefordert, die KSK ganz abzuschaffen. Auch wenn es noch nie in der Geschichte der KSK eine bessere Erfassung und Pflichterfüllung durch die Verwerter gab, als durch die bisherige DRV-Prüfung geschaffen.

Damit die DRV die KSK-Prüfung zu einem festen Bestandteil ihrer regelmäßigen Betriebsprüfungen macht und somit zügig und in Zukunft alle Unternehmen im Abstand von vier Jahren erfasst und erinnert werden, dafür hatte die Bundesregierung im Rahmen eines Gesetzentwurfs bereits entsprechende Klarstellung und Definition ins Gesetz schreiben wollen. Die Empfehlung des Ausschusses für Soziales und Arbeit vom 6. Juni 2013 war eindeutig, doch der Wirtschaftsausschuss unter Federführung der schwarz-gelben Koalition hat kurz vor der Verabschiedung des Gesamtpakets genau diesen Absatz aus der Entscheidung herausnehmen lassen.

Angesichts dieser Entwicklung hat der Deutsche Tonkünstlerverband kurzfristig eine Petition ins Leben gerufen, die die dauerhafte Aufnahme der KSVG-Abfrage in die ohnehin regelmäßigen, vierjährlichen Betriebsprüfungen der deutschen Rentenversicherung per Gesetz anstrebt. Petitionen an den Bundestag können nur einmal zu einem bestimmten Thema gestellt werden.

Deswegen unterstützt die Allianz deutscher Designer (AGD) die Kollegen vom Tonkünstlerverband und bittet selbständige Designer und auch alle anderen Künstler und Publizisten, sowie ihre Kunden oder Auftraggeber um Beachtung und bestenfalls Beteiligung bis zum 6. August 2013: Petition 43188

Die regelmäßige und flächendeckende Prüfung würde den Dauerbrenner KSK von der Gerechtigkeitsdiskussion und -problematik erlösen. Der Steuerzuschuss könnte abgebaut werden und auch die Verwerter würden nach Schätzung der KSK noch einmal ähnlich signifikant entlastet, wie nach den ersten intensiveren Prüfjahren ab 2008. Damals sank die Künstlersozialabgabe um rund ein Drittel.

Die Abschaffung der KSK würde sich in einem anderen „Nullsummendrehkreuz“ auswirken: bei einem Teil der Künstlerinnen und Kreativen stiegen die Vergütungen und Honorare um die dann komplett selbst finanzierte Krankheits- und Altersvorsorge, der andere Teil „spart“ den Auftraggebern den Kostenanteil für eine Altersvorsorge und liegt der Gesellschaft später aufgrund von Altersarmut auf der Tasche. Und das wäre dann doch eine sehr bittere Pille für Deutschland, Land der Dichter und Denker, dessen Produkte und Marken von herausragendem Design geprägt und getragen sind.

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