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Die Bachelorprojektarbeit “As We May Forget” entstand im Sommersemester 2012 an der Merz Akademie in Stuttgart im Pathway New Media / Interface Design und setzt sich aus zwei Teilprojekten zusammen, die auf unterschiedliche, kritische Weise das Vermächtnis des Hypermedia-Visionärs Vannevar Bush hinterleuchten. Beide beziehen sich dabei auf den Artikel “As We May Think”, in dem Bush in den 1940er Jahren den Memex als automatisierte, persönliche Bibliothek mit assoziativer Verweisstruktur beschrieb.
Die Thesis “Der Mythos Memex und das Digitale Archiv” wirft einen Blick zurück auf den Entstehungsprozess des Memex und die Umstände, unter denen Bush seine Vorstellung des wissenschaftlichen Arbeitsplatzes der Neuzeit konzipierte. Dabei werden mögliche Verbindungen zwischen seinem Engagement im Rahmen des Manhatten Project und verschiedenen, kontrovers diskutierten Teilaspekten des Memex untersucht, um von dort Fluchtlinien in die Gegenwart und nahe Zukunft zu konstruieren: Wie denken, erinnern und vergessen wir als User im Informationszeitalter? Vor welchen Herausforderungen stehen Entwickler und Designer und mit welchen Bedrohungen sieht sich das Internet als Raum des freien kulturellen und wissenschaftlichen Informationsaustausches heute und in den kommenden Jahren konfrontiert?
Eine interaktive, in Unity umgesetzte 3D-Arbeit, die sich auseinandersetzt mit der dystopischen Vorstellung eines dysfunktionalen Internets der Zukunft und inspiriert ist von Jorge Luis Borgers’ “La biblioteca de babel”, ergänzt den theoretischen Projektteil. Während der zum Beobachter degradierte Benutzer um Kontrolle ringend durch die düsteren Strukturen einer virtuellen Bibliothek stürzt und nur vage erahnen kann, welche Inhalte die einschüchternde Architektur unzugänglich hinter massiven Gitterstäben verbirgt, soll ihm vor Augen geführt werden, wie groß die Bedeutung ist, die Themen wie Offenheit, Netzneutralität und Transparenz gegenwärtig zufällt.
Optik, Soundkulisse, Architektur und Interaktion wurden sorgfältig aufeinander abgestimmt – der gestalterische Fokus der Cyberspace-Dystopie, die mehr Interactive Experience als Game ist, lag auf dem Erzeugen einer möglichst dichten, beklemmenden Atmosphäre. Während der ursprünglichen Ausstellung konnten Besucher die Arbeit an einem Stereo-3D-Display erleben, das in einer engen, abgedunkelten Box aufgebaut wurde, um den Effekt der Einschüchterung und Beklemmung weiter zu verstärken.
Daniel Kurfess
http://newmediaproject.de