Ich bin ein großer Fan von Biografien, ich lese sogar fast ausschließlich Biografien. Designer-Biografien waren allerdings noch nicht dabei, wobei mir bisher gar nicht so viele Designer-Biografien untergekommen sind. Diese Lücke schließt ein Buch, das ab jetzt zur Pflichtlektüre für Kommunikationsdesigner gilt (wenn es nach mir ginge): »Hallo, ich bin Erik.«

Ein Titel der – wenn mann Erik Spiekermann kennt – kaum passender sein könnte. Das Buch ist die visuelle Biografie über Erik Spiekermann, herausgegeben von Johannes Erler – einem langjährigen Freund Spiekermanns. Er kommt an einigen Stellen im Buch selbst zu Wort, so erklärt er z.B. wie es zu diesem Buch kam, dass es fünf Jahre gebraucht hat, Eriks visuelles Werk aufzubereiten und in Buchform zu verpacken. Denn das Buch hätte sicher doppelt so dick sein können, an Material hat es sicher nicht gefehlt.

Erler schafft es alles auf den Punkt zu bringen, die wichtigsten Geschichten zu erzählen: Von Erik selbst, aus Sicht Erlers oder mithilfe von Wegbegleitern, die an verschiedenen Stellen im Buch zu Wort kommen. Auch Eriks Privatleben erhält gerade soviel Raum, dass es spannend aber nicht zu privat wird. Man erfährt, was ihn als Kind geprägt hat oder mit welch respektvollen Worten seine erste Frau Joan ihn beschreibt. Und natürlich erlaubt das Buch hier und da Einblicke ins Familienalbum der Spiekermanns.

Man lernt viel Neues (dass Erik auch mal als Fliesenleger gejobbt hat und eigentlich auch Musiker ist, sogar mal Straßenmusikant war) und weniger Neues (z.B. Eriks bekannte Vorliebe für die Buchstaben a und g). Besonders gefällt mir die Rhythmik des Buches, abwechselnd werden biografische Fakten, Arbeitsbeispiele, Fotos, Interviews, Anekdoten und Worte von Mitstreitern aneinander gereiht.

Oh ja, die Anekdoten! Mir war z.B. neu, dass das frühe Metadesign ein Metacafé hatte, in dem jeder der Angestellten mal eine Schicht übernehmen musste, denn guter Kaffee ist für Erik essentiell für ein gutes Arbeitsumfeld. Oder dass sich Erik nach der Trennung von seiner ersten Frau einen RO 80 zum Trost kaufte. Oder die Begeisterung über den Mauerfall 1989, der quasi direkt vor der Haustür des neu gegründeten FontShop stattfand.

Über allem steht natürlich Eriks Begeisterung für Schrift, die nicht auf jeder aber eben fast auf jeder Seite zum Ausdruck kommt. Man erfährt, dass er seine Liebe zu Lettern bereits im Kindheitsalter entdeckt hat.
Erstaunlicherweise hat er nie eine Designschule besucht, ein Studium der Kunstgeschichte hat er zwar begonnen aber nicht beendet. Er ist also ein reiner Autodidakt, ein erfolgreicher Unternehmer und natürlich ein herausragender Schriftgestalter.
Im Buch werden Schriftentwürfe gezeigt und Entstehungsgeschichten erzählt (z.B. die der Officina). Projekte sind detailreich und historisch aufbereitet (u.a. das Erscheinungsbild der Berliner Verkehrsbetriebe). Dazu bedarf es einiger Hilfe von außen, denn Spiekermanns Archiv befindet sich des Namens unwürdig in seinem Keller und musste sorgsam gesichtet werden. Einen Teil des 50 Jahre umfassendes Werkes beschreibt das Buch mit hier mehr, da weniger Tiefe. Was in jedem Interview und an jedem Projekt deutlich wird, ist wie wichtig Spiekermann die Hervorhebung und Nennung seiner Kollegen ist. Es werden immer alle Kollegen genannt, an keiner Stelle spricht Spiekermann von »seinem« Projekt, es geht immer ums »Wir«.

Natürlich kann ein Buch über Spiekermann nicht in irgend einer Schrift gesetzt sein. Auch wenn er sich aus der Gestaltung des Buches raus gehalten hat, ließ er es sich nicht nehmen bei der Wahl der Schrift ein Wörtchen mitzureden. Gesetzt ist das Buch in der »Real«, die auf einem besonderen halbfetten Schnitt der »Akzidenz Grotesk« beruht. Als besonderes Schmankerl gibt es die »Real« für alle, die das Buch gekauft haben umsonst zum Download.

Die Gestaltung des Buches ist selbstredend eine Freude für Designeraugen. Arbeiten, Fotos und Texte erhalten den Raum, den sie brauchen, um zu wirken oder Geschichten zu erzählen. Wenn man etwas kritisieren wollen würde, dann wäre es für mich das Neon-Orange mit dem ich mich nicht voll und ganz anfreunden kann. Irgendwie verbinde ich Erik mit den Farben Rot/Weiß/Schwarz – beständig, konsequent aber auffällig. Durch das Neon verliert es ein wenig das Zeitlose, aber vielleicht lasse ich mich hier auch nur von meiner persönlichen Abneigung gegen Neon tragen. Denn dadurch wirkt das Buch im Bücherregal wie Erik selbst: Professionell, herausragend, Raum-einnehmend, sympathisch, unterhaltsam und laut :)

Hallo, ich bin Erik.
Herausgeber: Johannes Erler
Verlag: Gestalten Verlag
Format: 22 × 28 cm
Vollfarbig, Hardcover, 320 Seiten
Erschienen in Deutsch und in Englisch
ISBN: 978-3-89955-527-1
€45.00 beim Verlag oder bei Amazon

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Ich bin ein großer Fan von Biografien, ich lese sogar fast ausschließlich Biografien. Designer-Biografien waren allerdings noch nicht dabei, wobei mir bisher gar nicht so viele Designer-Biografien untergekommen sind. Diese Lücke schließt ein Buch, das ab jetzt zur Pflichtlektüre für Kommunikationsdesigner gilt (wenn es nach mir ginge): »Hallo, ich bin Erik.«

Ein Titel der – wenn mann Erik Spiekermann kennt – kaum passender sein könnte. Das Buch ist die visuelle Biografie über Erik Spiekermann, herausgegeben von Johannes Erler – einem langjährigen Freund Spiekermanns. Er kommt an einigen Stellen im Buch selbst zu Wort, so erklärt er z.B. wie es zu diesem Buch kam, dass es fünf Jahre gebraucht hat, Eriks visuelles Werk aufzubereiten und in Buchform zu verpacken. Denn das Buch hätte sicher doppelt so dick sein können, an Material hat es sicher nicht gefehlt.

Erler schafft es alles auf den Punkt zu bringen, die wichtigsten Geschichten zu erzählen: Von Erik selbst, aus Sicht Erlers oder mithilfe von Wegbegleitern, die an verschiedenen Stellen im Buch zu Wort kommen. Auch Eriks Privatleben erhält gerade soviel Raum, dass es spannend aber nicht zu privat wird. Man erfährt, was ihn als Kind geprägt hat oder mit welch respektvollen Worten seine erste Frau Joan ihn beschreibt. Und natürlich erlaubt das Buch hier und da Einblicke ins Familienalbum der Spiekermanns.

Man lernt viel Neues (dass Erik auch mal als Fliesenleger gejobbt hat und eigentlich auch Musiker ist, sogar mal Straßenmusikant war) und weniger Neues (z.B. Eriks bekannte Vorliebe für die Buchstaben a und g). Besonders gefällt mir die Rhythmik des Buches, abwechselnd werden biografische Fakten, Arbeitsbeispiele, Fotos, Interviews, Anekdoten und Worte von Mitstreitern aneinander gereiht.

Oh ja, die Anekdoten! Mir war z.B. neu, dass das frühe Metadesign ein Metacafé hatte, in dem jeder der Angestellten mal eine Schicht übernehmen musste, denn guter Kaffee ist für Erik essentiell für ein gutes Arbeitsumfeld. Oder dass sich Erik nach der Trennung von seiner ersten Frau einen RO 80 zum Trost kaufte. Oder die Begeisterung über den Mauerfall 1989, der quasi direkt vor der Haustür des neu gegründeten FontShop stattfand.

Über allem steht natürlich Eriks Begeisterung für Schrift, die nicht auf jeder aber eben fast auf jeder Seite zum Ausdruck kommt. Man erfährt, dass er seine Liebe zu Lettern bereits im Kindheitsalter entdeckt hat.
Erstaunlicherweise hat er nie eine Designschule besucht, ein Studium der Kunstgeschichte hat er zwar begonnen aber nicht beendet. Er ist also ein reiner Autodidakt, ein erfolgreicher Unternehmer und natürlich ein herausragender Schriftgestalter.
Im Buch werden Schriftentwürfe gezeigt und Entstehungsgeschichten erzählt (z.B. die der Officina). Projekte sind detailreich und historisch aufbereitet (u.a. das Erscheinungsbild der Berliner Verkehrsbetriebe). Dazu bedarf es einiger Hilfe von außen, denn Spiekermanns Archiv befindet sich des Namens unwürdig in seinem Keller und musste sorgsam gesichtet werden. Einen Teil des 50 Jahre umfassendes Werkes beschreibt das Buch mit hier mehr, da weniger Tiefe. Was in jedem Interview und an jedem Projekt deutlich wird, ist wie wichtig Spiekermann die Hervorhebung und Nennung seiner Kollegen ist. Es werden immer alle Kollegen genannt, an keiner Stelle spricht Spiekermann von »seinem« Projekt, es geht immer ums »Wir«.

Natürlich kann ein Buch über Spiekermann nicht in irgend einer Schrift gesetzt sein. Auch wenn er sich aus der Gestaltung des Buches raus gehalten hat, ließ er es sich nicht nehmen bei der Wahl der Schrift ein Wörtchen mitzureden. Gesetzt ist das Buch in der »Real«, die auf einem besonderen halbfetten Schnitt der »Akzidenz Grotesk« beruht. Als besonderes Schmankerl gibt es die »Real« für alle, die das Buch gekauft haben umsonst zum Download.

Die Gestaltung des Buches ist selbstredend eine Freude für Designeraugen. Arbeiten, Fotos und Texte erhalten den Raum, den sie brauchen, um zu wirken oder Geschichten zu erzählen. Wenn man etwas kritisieren wollen würde, dann wäre es für mich das Neon-Orange mit dem ich mich nicht voll und ganz anfreunden kann. Irgendwie verbinde ich Erik mit den Farben Rot/Weiß/Schwarz – beständig, konsequent aber auffällig. Durch das Neon verliert es ein wenig das Zeitlose, aber vielleicht lasse ich mich hier auch nur von meiner persönlichen Abneigung gegen Neon tragen. Denn dadurch wirkt das Buch im Bücherregal wie Erik selbst: Professionell, herausragend, Raum-einnehmend, sympathisch, unterhaltsam und laut :)

Hallo, ich bin Erik.
Herausgeber: Johannes Erler
Verlag: Gestalten Verlag
Format: 22 × 28 cm
Vollfarbig, Hardcover, 320 Seiten
Erschienen in Deutsch und in Englisch
ISBN: 978-3-89955-527-1
€45.00 beim Verlag oder bei Amazon

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