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Apfelzet – Illustratives Typo-Design aus Berlin

Die Tastenkombination ist des Designers Liebling oder aber (und vielleicht gerade deswegen) auch der Name eines kleinen und höchst feinen Berliner Grafik-Design-Studios. Roman Bittner stellt uns das Studio im Interview näher vor.

Der Name »Apfelzet« klingt sehr nach »rückgängig machen« und »korrigieren«. Ist der Name Programm? Wie kam es zu der Namensfindung?

Zuerst war es nur ein Witz. Weil dies der erste Kurzbefehl war, den wir an der Hochschule lernten und der im Computerraum eine Art geflügeltes Wort wurde, fanden wir während der ersten Euphorie über die neuen Macs, Pixel und Short Cuts, dass so ein fiktives Büro heißen könnte. Als wir dann tatsächlich für unser Team einen Namen suchten, dachten wir: »Ach, eigentlich doch gar nicht so schlecht!«

Später fiel mir dann auf, dass der Name natürlich auch als Programm gelesen werden kann. Ich selbst bin ja im Berlin der späten Siebziger/frühen Achtziger groß geworden, also genau am Wendepunkt zwischen Moderne und Postmoderne. Wir wohnten in einer stuckverzierten Gründerzeitwohnung am Kaiserdamm, während meine Großeltern in der berüchtigten Großsiedlung, dem »Märkischen Viertel« am Stadtrand wohnten. Christiane F. aus Gropiusstadt schrieb »Wir Kinder vom Bahnhof Zoo« und Alexander Mitscherlichs »Die Unwirtlichkeit der Städte«. Hausbesetzer kämpften auf Barrikaden um den Erhalt ihrer Mietskasernen und Josef Paul Kleihues organisierte die IBA, die sich der Rettung der Stadt verschrieben hatte. Die Fragen, die damals aufgeworfen wurden, beschäftigen mich bis heute und daraus hat sich auch das Konzept unseres Büros entwickelt: zurück zum Ornament (das neue Plakat für das Direktorenhaus ist hier sicherlich ein prägnantes Beispiel), Formenreichtum statt Reduktion, wenig starre Dogmen, Vielfalt der Stile und die Erlaubnis zum Abgucken – also im Prinzip durchaus mit der Idee eines Neustart nach dem Error, den Gang einen Schritt zurück, nachdem man ein Stück in die falsche Richtung gegangen ist.

Wie würdet ihr Euren Stil beschreiben?

Eigentlich versuchen wir, uns so wenig wie möglich auf einen bestimmten Stil festzulegen. Teilweise möchte man natürlich etwas, das einem gefällt, noch einmal leicht verändert machen und manchmal wird natürlich vom Kunden auch ein bestimmter Look aus unserem Portfolio gewählt und es kommt natürlich auch vor, dass wir aus Zeitgründen einfach auf etwas zurückgreifen müssen, was wir schon sicher beherrschen. Ansonsten aber möchten wir die reiche Welt des Grafik-Designs sehr gerne ausschöpfen, sind immer auf der Suche nach neuen Einflüssen, neuen Stilen, die man einfach immer einmal ausprobieren wollte.
So bin ich auch zum Grafik-Design gekommen, weil mir Plakate (damals von Ott+Stein) so gut gefallen haben, dass ich unbedingt auch so etwas machen wollte. Ich denke, das ist der Urimpuls aller Gestalter, ob das am Ende Regisseure, Autoren oder Architekten werden, am Anfang steht immer die Begeisterung für eine Arbeit oder ein Vorbild. Gerne vergleichen wir diesen Prozess auch mit dem Erlernen einer Sprache. Am Anfang, wenn man die Worte »Mama«, »Papa«, »Auto« nachspricht, denkt man ja auch nicht: »Hä, hat das jetzt schon mal ein Baby vor mir gesagt, ist das eigentlich »mein Stil«?« In der Folge erweitert sich dann mit jedem neuen Einfluss, Büchern, Lehrern, Freunden der eigene Sprachkosmos und irgendwann hat man ohne jedes bewusste Zutun eine ganz eigene Art der Rhetorik entwickelt. In diesem Sinne sehen wir uns auf jeden Fall immer als Lernende und möchten immer wieder ein paar neue Vokabeln in unseren Wortschatz einbauen.
Dass wir dann oft von Leuten auf den spezifischen »Apfel-Zet-Stil« angesprochen werden, ist natürlich erfreulich aber eigentlich paradox.

Farbe spielt in euren Arbeiten eine große Rolle. Die Arbeiten für die Illustrative oder den Stuttgarter Filmwinter sind sehr farbenfroh. Welche Rolle spielt Farbe in euren Arbeiten?

Grundsätzlich habe ich eine gewisse Lieblingspalette, die man vielleicht ein bisschen als die Farben des Historismus bezeichnen könnte: Bordeauxrot, Gold, Beige, Preußisch-Blau, Braun, Dunkelgrün und die vielen sehr abgemischten Halbtöne dazwischen. Julia dagegen hat ein ganz anderes, eigenes Farbkonzept, deren Farben frischer und reiner sind, viel Hellgrün, Hellbau und Rosa. Bei der Illustrativen dagegen habe ich ja einen konträren Ansatz gewählt. Im Vergleich zu den Arbeiten, die mit einer reichen Elementwelt arbeiten, wollten wir hier einen sehr reduzierten, klaren Auftritt (der unsere Wurzeln bei Ott+Stein und Josef Müller Brockmann widerspiegelt) und passend fanden wir ein ebenso reduziertes Farbkonzept aus den vier CMYK-Druckfarben.
Beim Filmwinter dagegen haben wir uns ganz auf die B-Movie-Comic-Cover-Farbwelt eingelassen, die natürlich auch mit starken Farbkontrasten und großer Buntheit arbeiten.

Gibt es ein Projekt, das euch – sagen wir mal – »besonders« gefordert hat?

Die zweiteilige »Ancient Cities«-Serie für die Illustrative war auf jeden Fall immer sehr aufwändig. Einzelne Arbeiten der ersten Serie aus großformatigen, bunten Städteansichten wie »Sky Harbour and Train Station« haben mich zum Beispiel bis zu vier Monate beschäftigt. Deswegen habe ich bei der zweiten Serie, kleinformatigen Lasergravuren auch versucht den Aufwand zu minimieren.
Eine knifflige Sache, die sich in letzter Zeit ergeben hat, waren zahlreiche Tapetenentwürfe, die wir für den Umbau der Universität Marburg (in Zusammenarbeit mit den Architekten Bayer-Uhrig) und für das Direktorenhaus entworfen haben. Hier sind wir an einer schönen Schnittstelle zwischen Grafik und Architektur angekommen und konnten unseren Traum von der Rückkehr des Ornaments verwirklichen.
Der Filmwinter ist zweifelsohne auch immer ein besonders forderndes Projekt, was schon allein an der Zeit liegt, in der er durchgeführt werden muss: immer im Dezember bis kurz vor Weihnachten, was mit dem 200-seitigen Katalog und den vielen Drucksachen wirklich oft bis an die Grenzen des Machbaren geht. Dass wir uns zusätzlich auch noch die Idee mit den vielen sehr unterschiedlichen Motiven ausgedacht haben, trägt auch nicht gerade dazu bei, die Arbeit entspannter zu gestalten.

Beim Projekt »Stuttgarter Filmwinter« geht ihr einen sehr gewagten und experimentellen Schritt: Ihr verzichtet auf ein übergeordnetes Brandung, sondern probiert jedes Jahr etwas Neues aus und zwar soweit, dass jede Drucksache ein eigenständiges Design erhält. Wie war die Resonanz auf dieses ungewöhnliche Konzept?

Also von den Stuttgartern und von den Besuchern des Festivals haben wir leider nicht so viel mitbekommen – aber es gab einen Artikel in der Novum, in der das Konzept besprochen wurde und die Leute, denen wir es zeigen, reagieren auch immer sehr positiv.

Das Interview führten Nadine Roßa & Patrick Marc Sommer

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