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Felix Scheinberger über die Angst vor der Skizze und das Arbeiten als Illustrator

Felix Scheinberger lebt und arbeitet als Illustrator in Berlin, er ist stellvertretender Vorsitzender der Illustratoren Organisation und unterrichtet Zeichnen und Illustration an der FH Münster. Zudem ist er Autor der beiden, sehr erfolgreichen, Hermann Schmidt Bücher Mut zum Skizzenbuch und Wasserfarbe für Gestalter. Wir haben ihn zum Interview gebeten.

Wie kamst du zum Beruf »Illustrator«?

Zwei Dinge habe ich schon immer geliebt: Musik und Zeichnung. Ich habe als Jugendlicher in verschiedenen Punk und »Independent« Bands Schlagzeug gespielt. Gleichzeitig habe ich damals immer schon gezeichnet.

Ich habe Cover und Poster Entworfen, auf Tourneen gezeichnet und für verschiedene »Fanzines« gearbeitet. Allerdings war mir auch schon früh klar, dass dieses Zweischneidigkeit nicht ewig halten würde.

Erschwerend kam damals hinzu, dass meine Eltern, (die natürlich wünschten, dass ich »etwas anständiges« machen solle,) mir die Förderung für »nur« Punk Musik verweigerten. Und so habe ich mich auf einen Studienplatz für Illustration in Hamburg beworben. Und ehe ich es mich versah, habe ich erste Illustrationsaufträge gemacht und Bücher illustriert.

Rückblickend muss ich sagen, dass ich doch eine große Portion Glück hatte, wenn es auch etwas schade ist, das ich heute so gut wie keine Musik mehr mache…von gelegentlichen Gitarrenklampfereien mit Freunden vielleicht mal abgesehen.

Du bist eine Art »Skizzen-Papst« und bist durch deine Bücher »Mut zum Skizzenbuch« und »Wasserfarbe für Gestalter« bekannt geworden. Darin motivierst du, zu zeichnen und zu skizzieren und keine Angst vor Ideen, Material und Farbe zu haben. Was war die Absicht hinter diesen beiden Büchern?

Ich habe an »normalen« Lehrbüchern eigentlich immer ein wenig vermisst, dass sie sich so sehr auf Technik fokussieren und scheinbar »ganz normale« Fragen zur Kunst unbeantwortet lassen. Wie schafft man es einen eigenen Stil zu entwickeln? Wie überwindet man Erwartungshaltungen, die Angst vor dem weißen Blatt? Wie lernt man Fehler zu akzeptieren oder was kostet ein Bild? Und obwohl ich nicht annehme, dies wirklich abschließend beantworten zu können, war es mir doch wichtig, diese Fragen zumindest zu thematisieren. Ich persönlich glaube nicht, dass Design und Illustrationskarrieren nur als eine Art Wettrennen aufgefasst werden sollten, in dem es darum geht Siegertreppchen zu erringen. Ich glaube, dass es primär Mittel der Kommunikation sind und es viel wichtiger ist Was wir sagen als das…wir uns dabei diesen oder jenen Stils bedienen. Modern ist man ja immer nur für einen Moment. Ich persönlich vermute, dass es hilfreich ist einerseits solides Basiswissen zu vermitteln und andererseits zu lernen, auf das zu hören, was in uns steckt. Ich hoffe, dass meine Bücher ein wenig helfen dazu beizutragen.

Wie ist das Feedback auf deine Bücher? Bekommst du oft Skizzen oder Skizzenbücher zugeschickt und wirst um deine Meinung dazu gebeten?

Ich war persönlich ziemlich überrascht, wie groß das Interesse an Skizzen und Zeichnungen mittlerweile ist. Vor ein paar Jahren noch galt Zeichnen ja gerade in der Ausbildung noch beinah als entbehrlich. Gerade »coole« Hochschulen setzen mehrheitlich auf generierte Gestaltung. Das rächt sich jetzt natürlich, da sich immer mehr die Erkenntnis durchsetzt, dass man neue Ideen eben nicht einfach googeln kann. Zeichnung ist als Entwurfstechnik nicht zu ersetzen.

Skizzenbücher sind manchmal wie Tagebücher und damit sehr privat. Manche sind der Meinung, man dürfe Skizzenbücher eines anderen nicht einfach durchblättern. Würdest du dem zustimmen?

Ich rate Studierenden immer Ihre Skizzenbücher nicht als tragbare Präsentation oder Portfolios misszuverstehen. Ich habe dabei aber weniger den Geheimhaltungscharakter des Tagesbuches im Sinn. Es ist ja so:

Lernprozesse erfordern einfach Raum für Trial and Error. Wenn ich meine Skizzenbücher immer anderen zeige, setzte ich mich der Gefahr aus, dass dieses Verhalten Einfluss auf meine Zeichnungen nimmt. Ich zeichne dann nicht mehr einfach »so« sondern zeichne schon im Vorfeld für mutmaßliche Bewunderer oder Kritiker mit.

Und dadurch nehme ich mir das Potenzial, das möglicherweise in meinen Fehlern stecken könnte.

Zum einen haben Fehler kreatives Potenzial. Wenn ich schon vorher weiß, was hinterher dabei raus kommt, hat das mit kreativen Prozessen eigentlich nichts zu tun. Zum Anderen kann ich natürlich aus einem, einmal gemachten Fehler lernen.

Ich fürchte, dass das dauernde Zeigen von Skizzenbüchern sich deshalb manchmal als kontraproduktiv erweist. Das kann man natürlich nicht generell sagen, denn auch ein »Feedback« ist natürlich wichtig, aber ich denke, es ist nützlich sich dieser Gefahr bewusst zu sein.

Mein Rat ist es deshalb ab und an einfach mal »Nein« zu sagen.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem Hermann-Schmidt-Verlag für deine beiden Bücher?

Ich hatte über Raban Ruddigkeit und den »Freistil« Büchern schon mit Hermann Schmidt zu tun und es war auch Raban, der sich als erster für mein Skizzenbuch-Projekt stark gemacht hatte. Der Verlag Herman Schmidt Mainz hat sich als großartiger Partner erwiesen und die Verleger Bertram und Karin sind mittlerweile nicht einfach Geschäftspartner sondern auch Freunde geworden.

Du arbeitest als Dozent, Illustrator, Künstler und Stellvertretender Vorsitzender der IO (Illustratoren Organisation) – was macht Dir am meisten Freude?

Im Grunde mag ich die Mischung. Ich finde, man kann nur das unterrichten, wovon man tatsächlich etwas versteht. Es erscheint mir gut, wenn es Hand in Hand arbeitet. Ich engagiere mich für die IO, weil ich als Illustrator ein Interesse daran haben muss, dass es auch anderen Illustratoren wirtschaftlich besser geht. Es hat wenig Sinn, wenn alle Jahre wieder eine neue Generation auf den Markt geschwemmt wird, die dort genau so lange überlebt, bis Ihr Bausparvertrag aufgebraucht ist. Das ist auch ein Grund, warum ich unterrichte. Ich möchte junge Menschen sowohl künstlerisch wie auch wirtschaftlich auf den Beruf des Illustrators vorbereiten.

Und ich denke, dass es mir hierfür viel leichter fällt wirkliche Praxis zu vermitteln einfach, weil ich aus der Illustrationspraxis komme.

Als Dozent hast du viel mit Studenten und angehenden Illustratoren zu tun. Was gibst du ihnen mit auf den Weg?

Ich bemühe mich die »richtige Mischung« zu vermitteln. Illustration ist zweifelsfrei eine Form der Kunst und sollte auch als solche verstanden werden.

Anderseits ist Illustration auch immer in den Design Bereich eingebunden. Es geht am Ende eben doch um Produkte. Um Bücher, um Magazine, um Web Seiten, Kampagnen und vieles mehr. Deshalb gehört zu meinem Illustrationsunterricht auch die Vermittlung von elementaren Grundtechniken, von Zeichen- und Maltechniken von Computerprogrammen von Bildgestaltung, Layout, Text-Bildkomposition, usw. dazu.
Darüber hinaus bemühe ich mich Immer wieder im Unterricht Kontakte nach draußen herzustellen. Ich denke, dass es hilfreich ist, wenn die Studierenden die Chance haben sich schon während des Studiums an »richtige« Jobs zu wagen. So betreue ich im laufenden Semester an der FH Münster zusammen mit meinem Kollegen Rüdiger Quass von Deyen aus dem Kommunikationsdesign einen Kurs, in dem wir verschiedene Editorialjobs mit Studierenden betreuen, die am Ende tatsächlich veröffentlicht werden. So haben unsere Studierenden im vergangenen Semester u.a. für »Geo«, »Psychologie Heute«, die »Page« und den »Harvard Buissiness« Manager illustriert.

Vielen begabten Zeichnern fällt der Berufseinstieg in die Illustration sehr schwer. Oft fehlt ihnen die Fähigkeit, sich richtig zu verkaufen. Warum ist das so und was können da auch Hochschulen tun?

Zu einer guten Ausbildung gehört für mich auch der Gedanke an den »schnöden Markt« dazu. Ich finde es nicht in Ordnung, wenn man Studierende mehrere Semester »herumspielen« lässt um sie dann in »Umsonst Praktika« zu entlassen. Ich denke, dass auch das »Wie kann man von Illustration leben« vermittelt werden muss.

Ich bemühe mich deshalb auch im Unterricht frühzeitig Themen wie Akquise, Nutzungsrechte, Verträge, usw. anzusprechen.

Wie wär dein Einstieg in die Branche, was war dein erster Job?

Eines meiner ersten Bücher war mein Diplom, »Das Kalte Herz« von Wilhelm Hauff, das damals vom Speer Verlag in Zürich Verlegt worden ist.

Auf deiner Facebook-Seite und in deinen Büchern zeigst du viele Illustrationen, die auf Reisen entstanden sind. Es scheint fast so, als bringst du von Reisen lieber Skizzen als Fotos mit. Stimmt das?

Natürlich bin ich zuallererst Zeichner. Trotzdem knipse ich wie alle anderen auch mit dem Handy herum – (Gerne natürlich auch mit diesen Apps die Polaroids simulieren) aber mein Hauptmedium ist und bleibt die Zeichnung.

Auf Reisen schafft mir die Zeichnerei einfach einen besseren Zugang zu fremden Orten. Man nimmt sich mehr Zeit hinzugucken und beschäftigt sich mehr als einen Schnappschuss lang mit dem Ort, an dem man sich befindet.

Und in der Fremde ist Zeichnung auch ein Mittel der Kommunikation. Ein Brot oder ein Bett auf einen Zettel gekritzelt überwindet jede Sprachgrenze. Das Schöne an der Zeichnung ist, dass sie so kommunikativ ist.

Glaubst du, dass wirklich jeder zeichnen kann? Oder: Wie nimmst du Anfängern die Angst vor der Skizze?

Persönlich glaube ich, dass der Begriff »Talent« etwas überstrapaziert ist. Wenn ich mich an meine Studienzeit erinnere, muss ich rückblickend sagen, dass es viele Mitstudierende gab, von denen alle Wunder erwarteten, die aber niemals kamen. Umgekehrt machten andere ganz »überraschend« ihren Weg.

Ich glaube persönlich, dass Faktoren wie Fleiß, Interesse und Spaß an der Sache einen großen, wenn nicht sogar einen größeren Einfluss haben. Vermutlich ist Talent eher so etwas wie »frühe Förderung«. Wenn ich aus einer Musikerfamilie stamme, habe ich eben eher mit Musik zu tun. Das ist keine Garantie, üben muss man trotzdem. Und das gilt natürlich auch fürs Zeichnen.

Wie ist dein Arbeitsprozess für eine Illustration?

Das wichtigste und erste ist die Idee. In Wirklichkeit gibt es tolle Zeichner, die im Grunde trotzdem keine großartigen Illustratoren sind und umgekehrt gibt es phantastische Illustratoren, die praktisch nicht zeichnen können. Das Wichtigste an einer Illustration ist und bleibt die Idee.

Wie siehst Du den Stand der Illustration in Deutschland?

Leider wird Illustration von vielen immer noch als eine Art Selbstverwirklichungshobby und weniger als ernstzunehmender Beruf angesehen.

Allerdings ändert sich der Stellenwert der Illustration seit ein paar Jahren. Als ich anfing, musste man fast immer auf die Frage »was man beruflich macht«, hinten anschließen, was ein Illustrator ist und was ein solcher beruflich tut. Das hat sich geändert.

Persönlich würde ich mir für die Zukunft wünschen, dass sich die wirtschaftliche Situation vieler Kollegen noch weiter bessert. Das liegt zum Teil an der Ausbildung und zum Teil an dem eigenen künstlerischen Selbstverständnis. Keine leichten Aufgaben,- aber lösbare.

Ich denke, die Zeit arbeitet für uns Illustratoren.

Tablets und e-Books finden inzwischen immer mehr Anhänger. Wie wird das die Illustration in Zukunft verändern?

Ich sehe tatsächlich keinen so großen Unterschied ob ein Bild aus Pixeln oder aus Druckfarben besteht. Ich würde mich durch die neue Entwicklung nicht kirre machen lassen. Bilder sind eine Bereicherung, egal welches Medium sie nutzen. Und gerade wir Illustratoren sollten neue technische Entwicklungen für unsere Kunst nutzen.

Welches ist dein liebstes illustriertes Buch?

Im Augenblick & leider nicht als Ebook erhältlich: Die zauberhaften Mumin Comics von Tove Jansson.-))

http://www.felixscheinberger.de

Das Interview führten Clara Roethe, Nadine Roßa und Patrick Marc Sommer. Fotos von Ailine Liefeld. Lektorat von Anette.

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