Karrieresprung vom Mitarbeiter zum Chef
Beförderung – was nun?
Die Übernahme einer Vorgesetztenrolle ist für viele Beschäftigte ein erklärtes Karriereziel, zumal dieses in aller Regel mit einer besseren Entlohnung verbunden ist. Zudem steigert es, das Selbstbewusstsein, wenn auf der Visitenkarte „Abteilungsleiter/in*“ oder ein netter Anglizismus wie „Chief Financial Officer“ prangt. Die Aufgabe ist aber auch meist mit mehr Überstunden und Verantwortung verbunden. Hinzu kommt, dass der Chef oder die Chefin unter besonderer Beobachtung steht. Es gibt verschiedene Gruppen, die ganz unterschiedliche Erwartungen verfolgen, wie:
- Geschäftsführung, Inhaber – womöglich kann der Betroffene selbst auch Teil dieser Gruppe sein
- Kunden – man sollte auf die absurdesten Wünsche gefasst sein
- Lieferanten
- Presse, Öffentlichkeit und soziale Medien
- Mitarbeiter/innen des Unternehmens, zum Teil ehemalige Kolleg/innen, auch der Betriebsrat
Wer die Chef-/Chefinnen-Position innehat, sollte sich bewusst sein, dass er es nicht allen Gruppen recht machen kann, da es nun einmal divergierende Interessen und Ansichten gibt.
Herausforderung Führung ehemaliger Kollegen
Mitarbeiterführung bedeutet Motivieren, Delegieren, Kontrollieren, Inspirieren und Koordinieren. Manchmal sind auch unangenehme Entscheidungen zu treffen. Das ist gleich eine ganze Reihe von neuen Aufgaben, die auf denjenigen zukommen. Daher ist es sinnvoll, wenn frischgebackene Führungskräfte sich mit allen Einzelaspekten auseinandersetzen und an einem entsprechenden Seminar teilnehmen. Womöglich findet eine Einarbeitung durch den Vorgänger statt, es kann aber auch sein, dass dieser unter für den Nachfolger unklaren Umständen das Unternehmen verlassen musste. Wenn der Aufstieg innerhalb eines Unternehmens beziehungsweise einer Abteilung erfolgt, hat dies Vor- und Nachteile. Einerseits weiß man, worauf es fachlich ankommt und kennt das Team. Andererseits erhalten die ehemaligen Kollegen und Kolleginnen plötzlich Anweisungen von einem / einer zuvor Gleichgestellten.
Typischerweise liegen dann Fragestellungen von deren Seite im Raum wie:
- Hat er / sie die richtige Fachkompetenz?
- Warum wurde er / sie befördert und nicht ich?
Im Idealfall entspannt sich die Situation, sobald die ersten Feuerproben bestanden sind. Gegebenenfalls könnte es hilfreich sein, die Thematik offen im Einzelgespräch oder in der Teamsitzung zu erörtern und ein partnerschaftliches Miteinander anzubieten. Man sollte zugeben, dass man in die neue Rolle erst hineinwachsen muss, aber bereit ist, an sich zu arbeiten. Wenn die Karten offen auf dem Tisch liegen, sind die meisten Angesprochen bereit, ihre negative Einstellung zu revidieren und zu kooperieren.
Kniffelig kann es insbesondere dann sein, wenn Beziehungen zu einzelnen Mitarbeiter/innen besonders eng sind. Bleibt man beim „Du“ oder wechselt man zumindest nach außen hin zum „Sie“? Der Einfachheit halber sollte man es bei der bestehenden Anredeform belassen. Die Antwort hängt aber vor allem von der Unternehmenskultur ab. Noch problematischer kann es sein, wenn Amor im Spiel ist wie der Sketch Liebe im Büro von Vicco von Bülow alias Loriot mit Evelyn Hamann zeigt. Bekanntlich kann man es nicht steuern, wohin er seine Pfeile schießt. In US-Firmen wie McDonalds, Priceline (inzwischen umbenannt zu Bookings), Lockheed Martin und Best Buy haben intime Beziehungen zu Entlassungen geführt.
Fazit
Der Karriereschritt in eine Führungsposition ist mit vielen Unwägbarkeiten verbunden. Mit einer guten Vorbereitung sollte sich aber jeder, der die Chance hat und über die fachlichen Voraussetzungen verfügt, diesen Schritt zutrauen. Andernfalls würde er wertvolles Potenzial verschenken.