Spritzguss: Die Revolution aus Kunststoff
Jahrhundertelang konnte man in der handwerklichen und vorindustriellen Produktion nur auf jene Werkstoffe zurückgreifen, die in der Natur vorkamen. In den meisten Fällen standen Holz und Stein verschiedener Art zur Auswahl, besonders edle Werkstücke wurden manchmal auch aus Elfenbein hergestellt. Das zuletzt genannte Material darf aus Gründen des Artenschutzes heute nicht mehr verwendet werden. Im 19. Jahrhundert spielte dieser Aspekt zwar noch keine Rolle. Elfenbein war allerdings ein knapper und dementsprechend teurer Rohstoff. Viele kluge Köpfe suchten deshalb nach Alternativen. Der US-Amerikaner John Wesley Hyatt befasste 1869 sich mit der Verbesserung des wenige Jahre zuvor erfundenen Kunststoffes Zelluloid, um daraus Billardkugeln herstellen zu können. Schon 1872 erfand er die erste Spritzgussmaschine, die technisch als Vorgängerin der heutigen Anlagen gilt. Ein weiteres frühes Produkt der von Hyatt gegründeten Firma waren künstliche Gebisse. Welches der beiden Produkte erfolgreicher war, ist nicht verbrieft. Beide werden aber bis heute hergestellt – und die Spritzgusstechnik spielt dabei eine wesentliche Rolle.
Verschiedene Spritzguss-Methoden für unterschiedliche Anwendungen
Zelluloid machte den Anfang, heute gibt es verschiedene Ausgangsmaterialien, die in der Spritzguss-Technik Anwendung finden. Der TSG Spritzguss, also die Arbeit mit thermoplastischem Schaumguss, spielt dabei eine wesentliche Rolle. Bei diesem Verfahren wird ein Kunststoffschaum in das Formwerkzeug eingespritzt und dehnt sich dort bis zur Vollständigen Aushärtung weiter aus. Der innere Druck auf den Kunststoff verteilt sich während der Abkühlung so gleichmäßig, das die Spannungen im Inneren des Endproduktes deutlich verringert sind. Zudem sind dickere Wandstärken möglich, die Verformungsgefahr ist reduziert und die Werkzeugkosten sind geringer.
Die tatsächlichen Kosten für thermoplastischen Schaumguss hängen von zahlreichen Faktoren ab. Neben den Produktspezifikationen und den Abmessungen des Formwerkzeuges sind natürlich auch die Stückzahlen und der verwendete Kunststoff, zum Beispiel Polypropen, von Bedeutung, um den Preis zu kalkulieren. Ein Vorteil des TSG-Spritzgusses liegt darin, dass hier tatsächlich verschiedene Kunststoffarten wählbar sind.
Wie funktioniert eigentlich eine Spritzgussmaschine?
Die drei Hauptelemente der Spritzgussmaschine sind die Spritzeinheit, die Form sowie die Spann- und Auswerfeinheit. Zuerst wird der Rohkunststoff in der Spritzeinheit aufgeschmolzen und in die individuelle Form befördert. Dafür verwendet die Maschine Rohkunststoff, der in Form von Pellets in das Gerät gelangt. Diesem Rohkunststoff können in der Spritzeinheit Farbpigmente oder bestimmte Zusätze wie Glas- oder Carbonfasern zugesetzt werden. Ganz nach Bedarf lassen sich also die optischen wie technisch-physikalischen Eigenschaften des herzustellenden Objektes beeinflussen. Das fertig angemischte und geschmolzene Material wird anschließend in die Form gepresst beziehungsweise gespritzt. Dabei wird die Form vollständig mit dem flüssigen Kunststoff aufgefüllt, sodass ein exaktes Positiv der hohlen Form entsteht. Hier härtet das Material aus und wird anschließend ausgeworfen.
Während sich die Materialkosten beim Spritzgussverfahren in Grenzen halten, macht die Herstellung der Form nach wie vor den Löwenanteil der Kosten aus. Für eine typische, in einer Spritzgussmaschine eingesetzte Form mit einfacher Geometrie, die für die Herstellung von Kleinserien Anwendung findet, muss mit einem vierstelligen Betrag gerechnet werden. Bei speziellen Formen, die zudem für Großserien optimiert sind, können die Kosten für die Form auch in den hohen fünfstelligen Bereich klettern.
In der Regel werden Formen für das Spritzgussverfahren aus Werkzeugstahl oder Aluminium CNC-gefräst und anschließend gemäß dem erforderlichen Standard bearbeitet. Viele dieser Arbeitsschritte erfolgen nach wie vor in Handarbeit, die einen erheblichen Anteil an den Kosten hat.
Spritzgussformen aus dem 3D-Drucker
In einigen Fällen kann der 3D-Druck das Spritzgussverfahren mittlerweile ersetzen. In anderen Fällen kann er den Spritzguss unterstützen. Denn mittlerweile können im 3D-Druck Materialien eingesetzt werden, die alle materialspezifischen Anforderungen einer Spritzgussform erfüllen. Somit lassen sich die Kosten für die Herstellung einer Spritzgussform im besten Fall erheblich reduzieren. Dies wiederum eröffnet ganz neue Perspektiven für den Einsatz der Spritzgusstechnik in der Zukunft.